Die Vorträge im Rahmen des Arbeitskreis Psychologie und Mathematikdidaktik seit 2006 finden Sie zu Ihrer Information hier dokumentiert. Der AK kann dabei auf über 50 Vorträge aus mehr als 20 Standorten zurückblicken.
Angehende Mathematiklehrkräfte empfinden die Hochschulmathematik wie sie in den meisten Lehramt-Studiengängen (Sekundarstufe) vermittelt wird als wenig hilfreich für die praktische Anwendung im Unterricht. Gleichzeitig wird jedoch angenommen, dass das schulbezogene Fachwissen (SRCK – Wissen über Zusammenhänge zwischen akademischer und schulischer Mathematik) als berufsspezifisches Fachwissen von Mathematiklehrkräften, notwendig ist, um Mathematik fachlich korrekt und intellektuell ehrlich zu vermitteln. Bisher sind Bedingungen der Anwendung von SRCK in der Unterrichtsplanung und -durchführung allerdings noch nicht untersucht. Darüber hinaus ist offen, ob sich der angenommene Zusammenhang zur fachspezifischen Unterrichtsqualität nachweisen lässt.
Der Vortrag fokussiert die Entwicklung und Validierung eines Performance Assessment Instruments, mit dem anhand von standardisierten Microteaching-Simulationen im Bereich der Analysis die Anwendung des SRCKs angehender Mathematiklehrkräfte (N = 19) analysiert sowie der vermutete Zusammenhang zur kognitiven Aktivierung als fachspezifisches Unterrichtsqualitätskriterium geprüft werden soll.
Basierend auf einem konzeptuellen Rahmenmodell zum mathematischen Beweisverständnis werden Ergebnisse zweier empirischer Studien zur Beschreibung des individuellen Beweisverständnisses von Lernenden im Verlauf der Sekundarstufe (N = 456) und zu Beginn des Mathematikstudiums (N = 234) präsentiert und kontrastiert. Der in diesem Kontext identifizierte Förderbedarf von Lernenden der Sekundarstufe ist anschließend Ausgangspunkt für eine Interventionsstudie zur Förderung des Beweisverständnisses von Schülerinnen und Schülern der 9. Jahrgangsstufe (N = 61). Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass eine gezielte Förderung des individuellen Beweisverständnisses der Lernenden durch eine vergleichsweise kurze Intervention zu mathematischen Beweisen möglich ist, jedoch nicht auf alle Aspekte des individuellen Beweisverständnisses durchschlägt. Abschließend werden die Ergebnisse genutzt, um i) mögliche Konsequenzen für die Praxis abzuleiten und ii) Perspektiven für weitere Forschung im Bereich des mathematischen Beweisverständnisses und dessen Entwicklung aufzuzeigen.
Die diagnostische Kompetenz von Lehrkräften wird als zentrale Voraussetzung für adaptiven Unterricht verstanden und ist damit integraler Bestandteil der Lehramtsausbildung. Für die Messung und Förderung professioneller Kompetenzen wird zunehmend der Einsatz von simulationsbasierten Lernumgebungen diskutiert. Im Vortrag werden Ergebnisse zu einer Simulation diagnostischer Einzelinterviews zur Dezimalbruchrechnung vorgestellt. Aufbauend auf eine Operationalisierung diagnostischer Kompetenz anhand konkreter Indikatoren werden Ergebnisse zu Zusammenhängen zwischen den einzelnen Indikatoren berichtet. Weiter wird die Entwicklung diagnostischer Kompetenz über mehrere Simulationssitzungen in zwei Präsentationsformaten – Rollenspiel und Videosimulation – kontrastiert. Die Ergebnisse geben Aufschluss über die Rolle individueller Ressourcen und der Simulationsgestaltung auf die gezeigten Diagnoseprozesse und die diagnostische Leistung, sowie deren Entwicklung. Neben fachspezifischen Modellen werden insbesondere Modelle der Lehrkräfteprofessionsforschung sowie psychologische Modelle zur Rolle motivationaler Personenmerkmale für individuelle Kompetenzen herangezogen.
Im Vortrag wird eine Studie vorgestellt, die eine methodische Triangulation von Eye-Tracking und Eye-Tracking Stimulated Recall Interviews verwendet, um die visuelle Aufmerksamkeit und das statistische Denken von Schüler*innen (N = 67 der Klassenstufen 4, 6 und 8) beim Vergleich von je zwei Datenverteilungen zu untersuchen. Hierbei zeigte sich, dass typische Strategien und Schwierigkeiten mit bestimmten Blickmustern einhergehen. Einflüsse durch das Alter der Lernenden und ihrem bereichsspezifischen Vorwissen werden im Vortrag adressiert. In einem Ausblick werden offene Fragen, Implikationen für weitere Forschung sowie für die Schulpraxis und neue Entwicklungen aus dem Projekt vorgestellt und diskutiert.
Nach einem theoretischen Blick auf die Professionsforschung von Lehrkräften mit und ohne Technologiebezug möchte ich die Konzeption unseres Testinstruments vorstellen. Mit diesem Testinstrument haben wir das technologiebezogene fachliche und fachdidaktische Wissen von knapp 200 Sekundarschul-Lehrkräften erhoben, die Stichprobe setzt sich zu Teilen aus einer Gelegenheitsstichprobe und zu Teilen aus Lehrkräften im DigitUS-Projekt zusammen. Ich möchte Ergebnisse zu Gütekriterien sowie zur Dimensionalität des Wissens vorstellen.
Das Beurteilen individueller Lernprozesse und -ergebnisse ist eine anspruchsvolle Aufgabe für Lehrkräfte. Im Mathematikunterricht nutzen Lehrkräfte häufig schriftliche Aufgaben, um Lernprozesse bei den Schülerinnen und Schülern anzuregen und zu beurteilen. Bislang gibt es allerdings nur wenige Erkenntnisse darüber, wie Lehrkräfte Aufgaben zum Diagnostizieren auswählen und deren Lösungen evaluieren. In diesem Vortrag wird eine Studie vorgestellt, in der die Diagnoseaktivitäten von N = 65 Lehramtsstudierenden in einer digitalen Simulation einer aufgabenbasierten Diagnosesituation analysiert wurden. Basierend auf Prozessdaten aus der digitalen Simulation wurden die Aufgabenauswahl (nach ihrem diagnostischen Potential) und die diagnostischen Aktivitäten (nach einem Modell für Argumentationsprozesse) während der Evaluation der Lösungen kodiert. Es konnten drei unterschiedliche Aktivitätsprofile identifiziert werden, die keine deutlichen Unterschiede im fachlichen und fachdidaktischen Vorwissen aufwiesen, sich aber in der Diagnosequalität unterschieden. Die Ergebnisse werden im Zusammenhang mit bisherigen Erkenntnissen zu Diagnoseprozessen diskutiert.
In dem Vortrag steht die Methode des Eye-Tracking mit anschließenden Stimulated Recall Interviews im Fokus. Darin dient ein Video, das die Blickbewegungen der Schüler*innen zeigt, als Stimulus. Es wird darauf Bezug genommen, wie Blickbewegungen in der Domäne der Funktionen, insbesondere bei der Interpretation (kontextueller) Graphen, interpretiert werden können und welche domänenspezifischen aber auch domänenübergreifenden Phänomene für die Interpretation von Blickbewegungen von Bedeutung sind. Schließlich wird als Ausblick eine empirische Studie vorgestellt, die sich diese Erkenntnisse zu Nutze macht und mithilfe von Eye-Tracking und Stimulated Recall Interviews untersucht, welche Vorgehensweisen Schüler*innen bei der Erfassung der Änderung kontextueller Graphen nutzen.
Die Bearbeitung von offenen Modellierungsaufgaben im Schulunterricht soll Lernende darauf vorbereiten, ihr mathematisches Wissen im Alltag und im Beruf zu verwenden. Im Anschluss an Forschungen zum mathematischen Modellieren, zu offenen Aufgaben und selbständigkeitsorientierten Lehr-Lern-Formen wird im OModA-Projekt untersucht, welche Effekte (1) eine auf die Anforderungen der offenen Aufgaben zugeschnittene Instruktion und (2) der Unterricht mit offenen Modellierungsaufgaben auf kognitive und motivationale Faktoren hat.
Wissenschaftspropädeutik gehört zur Zieltrias der Sekundarstufe II und kann als Anbahnung von wissenschaftlichen Denk- und Arbeitsweisen verstanden werden. Um Wissenschaftspropädeutik zu strukturieren, schlägt Huber (1997) vor, das Konstrukt in drei Ebenen zu gliedern. Die erste Ebene Wissenschaftspropädeutik im engeren Sinne umfasst das Wissen über Grundbegriffe und -strukturen (meta-wissenschaftliches Wissen) von Mathematik, was bedeutsam für ein allgemeines Verständnis von Wissenschaft ist. Leider fehlt es bisher abseits von Skalen zur Selbsteinschätzung an Instrumenten, die eine Überprüfung dieser Bemühungen in fachspezifischer und valider Weise ermöglichen. Daher haben wir einen Test zur Erfassung des meta-wissenschaftlichen Wissens über Mathematik entwickelt. In einer querschnittlich angelegten Studie (N = 313) soll das Testinstrument in Hinblick auf seine psychometrischen Eigenschaften überprüft und parallel dazu untersucht werden, ob Kompetenzniveaus festgelegt werden können.
Studienwahlmotive von Lehramtsstudierenden sind in den vergangenen Jahren in den Fokus von Forschungsvorhaben gerückt und erweisen sich als wichtiger Prädiktor für Studienerfolg und den Aufbau professioneller Kompetenzen. Insbesondere für intrinsische Studienwahlmotive – die in der Regel höher ausgeprägt sind als extrinsische – finden sich dabei statistisch bedeutsame Zusammenhänge zu Studienstrategienutzung, Studienzufriedenheit, höherem Karriereoptimismus, geringer ausgeprägten Burnout-Symptomen, Lernzielorientierungen, pädagogischem Wissen, Unterrichtsqualität und Zufriedenheit. Zur Einordnung dieser bisher stark studiengangspezifischen Ergebnisse erscheinen jedoch insbesondere auch studiengangübergreifende Untersuchungen notwendig und inhaltlich gewinnbringend. Zu diesem Zweck wurde im Rahmen eines universitären Auswahlverfahrens ein Fragebogen entwickelt, mit welchem Studienwahlmotive von Bewerber:innen auf Studienplätze studiengangübergreifend erfasst und diskutiert werden können. Ergebnisse einer ersten solch studiengangübergreifenden Erhebung zeigen, dass sich Bewerber:innen auf verschiedene Studiengänge in ihren Studienwahlmotiven zum Teil deutlich unterscheiden, was Einblicke in motivationale Eingangsvoraussetzungen und Ansatzpunkte für die Ausgestaltung universitärer Lehrveranstaltungen liefert.
Das Schätzen von Längen spielt in vielen Situationen unseres täglichen Lebens eine wichtige Rolle und ist entsprechend national und international in den Schulcurricula verankert. Die Unterrichtspraxis zum Thema Schätzen von Längen unterscheidet sich jedoch zum Teil substanziell z. B. mit Blick auf die unterschiedlichen Bildungstraditionen in Deutschland und Taiwan. In dem Vortrag werden die verschiedenen Zugänge zu dem Thema in den beiden Ländern diskutiert und Unterschiede der Kompetenzprofile von 923 Dritt- und Viertklässlerinnen und Viertklässlern aus den beiden Bildungssystemen analysiert. In diesem Zusammenhang geht es auch um die Frage, welche Hinweise die Datenbasis zur Struktur der Kompetenz des Schätzens von Längen liefern kann und mit welchen mathematischen Fähigkeiten diese Kompetenz zusammenhängt.
Logisches Schließen wird häufig als wesentlicher Teil mathematischen Arbeitens gesehen. Dennoch scheint es zum logischen Schließen mit mathematischen Konzepten lediglich Einzelbefunde zu geben, die meist auf Problembereiche hinweisen. Dagegen weisen Ergebnisse der Entwicklungspsychologie auf frühe Fähigkeiten zum logischen Schließen hin. Der Vortrag gibt einen Überblick über theoretische Beschreibungen logischen Schließens und den Forschungsstand aus der Mathematikdidaktik und der Entwicklungspsychologie. Es werden Ergebnisse aus zwei Projekten berichtet: Anastasia Datsogianni hat in ihrer Promotion das logische Schließen mit Alltagskonzepten und mit mathematischen Konzepten bei Grundschulkindern verglichen. Im Projekt KUM wurde ein Stufenmodell für logisches Schließen zum Beginn des Mathematikstudiums entwickelt. Diskutiert werden Implikationen und offene Fragen, insbesondere zur Rolle von Wissen über die beteiligten mathematischen Konzepte und zur Spezifität von logischem Schließen.
Die Studieneingangsphase Mathematik ist von extrinsischer Motivation geprägt. Der unterschiedliche Umgang der Studierenden mit den Anforderungen (z. B. selbstständiges Bearbeiten von Übungsaufgaben oder Abschreiben, aber auch Studienabbruch) könnte darüber erklärt werden, welchen Wert die Handlungen für die eigene Identität haben. Dies soll mithilfe von Attainment Value (Eccles, 2009) geschehen, einem Konstrukt innerhalb der Expectancy-Value Theory. Es konnte im Kontext der Mathematik Studienverbleib erklären (Robinson et al., 2019), ist aber für das Mathematikstudium bislang schwer zu fassen, z. B. zu messen. Dafür wird dieser Zugang mit dem Konzept der „positional identity“ (Holland et al., 2008) auf wahrgenommene Selbst- und Fremdbilder in der Mathematik erweitert und bezieht individuell verschiedene Handlungsräume ein. In einem Mixed-Methods Design werden relevante „positions“ und „positional identities“ rekonstruiert und entlang der Values mit dem Lernverhalten in Beziehung gesetzt.
Motivation wird als wichtiges Merkmal für erfolgreiche, mathematische Lernprozesse angesehen. Jedoch ist die Bezeichnung „Motivation“ sicherlich missverständlich, denn unter Motivation werden häufig verschiedene Konstrukte wie Interesse, Wert, Selbstkonzept, Selbstwirksamkeitserwartung etc. subsummiert. Ausgangspunkt dieses Vortrages bilden Modelle, insbesondere aus der pädagogischen Psychologie, die einen Zusammenhang zwischen den Konstrukten und Lernhandlungen bzw. dem Lernerfolg herstellen. Anschließend werden anhand verschiedener Projekte die Bedeutung dieser Konstrukte für das Lernen von Mathematik, exemplarisch von universitärer Mathematik, vorgestellt. Insgesamt wird diskutiert, welche Bedeutung Motivation beim Mathematiklernen zugeschrieben wird, welche offenen Fragen sich für die Mathematikdidaktik ergeben und welche Besonderheiten bei deren Beantwortung zu beachten sind.
Nach dem Modell von Lindmeier (2011) befähigt aktions-bezogene Kompetenz (AC) Lehrpersonen auf Basis ihres professionellen Wissens, Anforderungen, die während der Implementation von mathematischen Lehr-/Lernprozessen auftreten, zu bewältigen. Zusammen mit der reflexiven Kompetenz (RC), die sich auf die Bewältigung von Anforderungen der Vor- und Nachbereitung bezieht, bildet sie die Grundlage professionellen Handelns. Im Vortrag wird aus zwei Projekten berichtet, die mit Hilfe des Modells und auf Basis von standardisierten (videobasierten) Tests zentrale Fragen zur Lehrerkompetenz bearbeiten. Im WILMA-Projekt (Elementarbereich) fokussieren wir dabei auf die differenzielle Förderbarkeit der Kompetenzen sowie deren Wirkung für die Qualität von Lehr/Lernprozessen. Im ELMaWi-Projekt (Sekundarbereich) berichten wir, inwiefern die Kompetenzen im Fächerkontrast Mathematik-Wirtschaftswissenschaften als fachspezifisch zu verstehen sind. Wir diskutieren, inwiefern die Ergebnisse zentrale Annahmen des Kompetenzmodells bestätigen können.
Die vorliegende Eye Tracking-Studie untersuchte experimentell den Einfluss von Stress auf Wahrnehmungs- sowie Interpretationsprozesse von schwierigkeitsgenerierenden Textaufgabenmerkmalen (Bruchschwierigkeit, Anzahl der Rechenschritte, Lexikologie und Syntax) anhand lokaler Blickbewegungsparameter in Kombination mit Verbalprotokollen. Aufgrund der physiologischen Stressreaktion wird angenommen, dass Stress kognitive Kapazitäten bindet, die für Prozesse der Wahrnehmung sowie der kognitiven Verarbeitung nicht mehr zur Verfügung stehen. Als physiologischer Indikator von Stress wurden messwiederholt erhobene Cortisolwerte analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass schwierigkeitsgenerierende Aufgabenmerkmale – von der Kontrollgruppe sowie der Experimentalgruppe unter Stress – wahrgenommen werden, höhere Interpretationsprozesse bei der Stressgruppe jedoch beeinträchtigt sind. Es konnte gezeigt werden, dass die Beeinträchtigungen durch eine höhere Arbeitsgedächtniskapazität abgemildert werden.
Lernende zeichnen selten spontan Skizzen zu mathematischen Modellierungsaufgaben, obwohl dieser Strategie das Potenzial zugesprochen wird, die Modellierungstätigkeit auf vielfältige Weise zu unterstützen (Schukajlow, 2011; Uesaka, Manalo & Ichikawa, 2010). Unter anderem gelten das Skizzenwissen sowie motivationale Aspekte als Einflussfaktoren der spontanen sowie effizienten Strategienutzung (Acevedo Nistal, Van Dooren, Clarebout, Elen & Verschaffel, 2009). In dem Vortrag wurden zwei Studien vorgestellt, die jeweils einen dieser Faktoren in den Mittelpunkt stellten.
Im ersten Vortragsteil wurden Ergebnisse einer experimentellen Studie zu dem Einfluss des Skizzenwissens (Rellensmann, Schukajlow & Leopold, 2019) auf die Modellierungsleistung vorgestellt. In der Studie wurde Lernenden der Experimentalbedingung Skizzenwissen zu situationalen oder/und mathematischen Skizzen vermittelt. Es zeigte sich, dass das Skizzenwissen durch die 90-minütige Intervention im Vergleich zu einer Kontrollgruppe gefördert werden konnte. Es zeigte sich kein totaler Effekt der Förderung des Skizzenwissens auf die Modellierungsleistung. Die Förderung des Skizzenwissens hatte jedoch einen positiven indirekten Effekt auf die Modellierungsleistung, der vollständig durch die Skizzenqualität mediiert wurde.
In der zweiten Studie stand der Einfluss von Motivation (Erwartungs-Wert-Theorie nach Wigfield & Eccles, 2000) auf die spontane Skizzennutzung im Mittelpunkt. Während bislang lediglich der Einfluss mathematikbezogener Motivation auf die (selbst berichtete) Nutzung von Lernstrategien systematisch untersucht wurde, wurde auf dem Arbeitskreis ein Instrument zur Messung strategiebezogener Motivation zum Zeichnen von Skizzen beim mathematischen Modellieren vorgestellt. Es konnte gezeigt werden, dass sich mathematik- und strategiebezogene Motivation empirisch voneinander trennen lassen und sich in ihrem Zusammenhang mit der tatsächlichen Skizzennutzung beim mathematischen Modellieren unterscheiden.
Kernpunkte der Diskussion und neue Perspektiven
Die anschließende Diskussion lässt sich entsprechend der Struktur des Vortrags in zwei Teile unterteilen. In Bezug auf die erste Studie wurde diskutiert, das Skizzenwissen zu situationalen und mathematischen Skizzen zweidimensional zu erfassen, um differentielle Effekte der Experimentalbedingungen untersuchen zu können. Darüber hinaus wurden die vielversprechenden Anregungen gegeben, mögliche Moderatoren (z.B. das mathematische Wissen der Lernenden) in die Analysen einzubeziehen und die Mediationsanalyse auf der Aufgabenebene durchzuführen.
In der Diskussion der zweiten Studie zum Zusammenhang von Motivation und Skizzennutzung wurde der Unterschied zwischen den strategie- und mathematikbezogenen Wertvariablen theoretisch und bezüglich der Operationalisierungen fokussiert. Während der mathematikbezogene Wert entsprechend der Forschungstradition allgemein erfasst wurde, wurde der skizzenbezogene Wert spezifischer mit dem Fokus auf das Bearbeiten schwieriger Textaufgaben erfasst. Interessant wäre es hier, den mathematikspezifischen Wert ebenfalls mit Bezug zu schwierigen Textaufgaben zu erheben, um den Einfluss der gewählten Operationalisierungen abzuschätzen. Für einzelne motivationale Subkonstrukte wurde diskutiert, ob Zusammenhänge zwischen mathematik- und strategiebezogener Motivation auf übergeordnete, generalisierbare Faktoren hinweisen könnten.
Die Auswahl und Modifikation von Mathematikaufgaben setzen bei Lehrkräften eine adäquate Einschätzung von Aufgabenschwierigkeiten voraus. Neben der Komplexität des mathematischen Inhalts (z.B. Addition gleichnamiger vs. ungleichnamiger Brüche) wird die Schwierigkeit von Aufgaben unter anderem auch von instruktionalen Merkmalen bestimmt, die gemäß der Cognitive Load Theorie (CLT) die kognitive Belastung von Lernenden beim Lösen der Aufgabe beeinflussen (z.B. split-attention vs. integrated format; Sweller, Ayres & Kalyuga, 2011). Studien zur Urteilsgenauigkeit belegen jedoch, dass Lehrkräfte sich bei der Einschätzung der Aufgabenschwierigkeit insensitiv gegenüber dem Instruktionsdesign zeigen (Hellmann & Nückles, 2013). Wenig bekannt ist bisher über die kognitiven Prozesse, die diagnostischen Urteilen zugrunde liegen (Leuders, Dörfler, Leuders & Philipp, 2018).
Im Rahmen der auf der Herbsttagung vorgestellten Studie wurde untersucht, welche schwierigkeitsgenerierenden Aufgabenmerkmale (fachliche vs. instruktionale) von Lehrkräften beim Diagnostizieren der Aufgabenschwierigkeit wahrgenommen und verarbeitet werden. Ebenfalls wurden potentielle Einflüsse durch bestimmte Personencharakteristika der Lehrkraft (PCK/PK, Berufserfahrung) auf die Wahrnehmung und Verarbeitung von Aufgabenmerkmalen fokussiert. Die Studie wurde mit 55 Lehramtsstudierenden und 35 Lehrkräften durchgeführt. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass sowohl Lehrkräfte als auch Studierende überwiegend die Schwierigkeit der fachlichen, jedoch kaum die Schwierigkeit der instruktionalen Aufgabenmerkmale wahrnehmen und verarbeiten. Entgegen der Erwartung zeigte sich, dass beide Teilnehmergruppen über ein vergleichbar hohes PCK/PK bzgl. schwierigkeitsgenerierender Aufgabenmerkmale im Bereich der Bruchrechnung und des Instruktionsdesigns verfügen. Diese Ergebnisse warfen die Frage auf, warum (angehende) Lehrkräfte bei der Schwierigkeitseinschätzung von Aufgaben kaum instruktionale Merkmale wahrnehmen, obwohl sie über ein ausgeprägtes PK in diesem Bereich verfügen? Neben möglichen Ansätzen zur Interpretation der Ergebnisse wurden im Vortrag Implikationen für weitere Studien präsentiert und anschließend diskutiert.
Kernpunkte der Diskussion und neue Perspektiven
Im ersten Teil der Diskussion wurde zunächst das methodische Design der Studie diskutiert. Das gewählte methodische Vorgehen der systematischen Variation von fachlichen und instruktionalen Aufgabenmerkmalen in einem within-subject Design wurde hierbei als geeignet angesehen und Ideen für weiterführende Auswertungen und Folgeerhebungen (z.B. mit einer “first-rate-then-rank” Vorgehensweise oder Conjoint Analysen) geäußert. Weiterhin wurden theoretische Aspekte und Begriffe (z.B. “Wahrnehmen/Interpretieren/Entscheiden” und “PCK/PK”) sowie deren inhaltliche Abgrenzung im Rahmen der Studie diskutiert. Als hilfreich für meine weitere Arbeit schätze ich darüber hinaus die Rückmeldungen hinsichtlich der theoretischen Grundlagen ein, die als Erklärungsmöglichkeiten für die Ergebnisse der Studie herangezogen werden könnten. Die Unterscheidung von “informed vs. uninformed teacher judgments” (Südkamp, Kaiser & Möller, 2012) erschien hierbei eine plausible Option, die nicht nur zur Interpretation der bestehenden Daten, sondern auch als Impuls für weitere Untersuchungen genutzt werden könne.
Ich bedanke mich bei allen Beteiligten für die gewinnbringende Diskussion sowie bei der Leitung des AK Psychologie und Mathematikdidaktik für die Gelegenheit, meine Studie präsentieren zu können.
Wie können Lernende im Mathematikunterricht motiviert werden? Lernprozesse können qualitativ besser umgesetzt werden können, wenn Lernende sich um ihrer selbst willen mit den fachlichen Inhalten in Mathematik auseinandersetzen. Daher ist die Hervorhebung von persönlicher Relevanz eine Möglichkeit zur Förderung von Lernmotivation beim Mathematiklernen. Nach der Selbstbestimmungstheorie (Ryan & Deci, 2017) haben die persönlichen Relevanzen von Lernenden einen maßgeblichen Einfluss auf die Entstehung von Lernmotivation. Aus mathematikdidaktischer Sicht repräsentieren Sinnkonstruktionen persönliche Relevanzen von Lernenden für die Auseinandersetzung mit Mathematik im schulischen Kontext (Vollstedt, 2011). Im Vortrag wurde zunächst ein hypothetisches Vernetzungsmodell vorgestellt, dass die verschiedenen theoretischen Bezugslinien durch die Networking of Theories-Strategy Combining (Bikner-Ahsbahs & Prediger, 2006) synthetisiert. Sinnkonstruktion (persönliche Relevanz beim Mathematiklernen) kann damit als Gegenstand der Selbstbestimmungstheorie beschrieben werden. Im Rahmen einer empirischen Studie in Deutschland und Finnland (N = 532) wird der hypothetische Zusammenhang untersucht und es soll aufgezeigt werden, inwieweit Sinnkonstruktionen Gegenstand selbstbestimmter Motivation sein können. Im Vortrag wurden erste Analysen auf Basis von Strukturgleichungsmodellen vorgestellt.
Kernpunkte der Diskussion und neue Perspektiven
Im Rahmen der Diskussion wurden zunächst mit Hilfe des vorgestellten hypothetischen Vernetzungsmodells die angenommenen Kausalhypothesen und das bisher durchgeführte methodische Vorgehen reflektiert. Dabei wurde auch thematisiert, inwieweit Sinnkonstruktion sich konzeptuell von anderen Konstrukten aus dem Bereich Affekt beim Mathematiklernen, wie bspw. von Werten unterscheidet, um ihre Rolle bei der Aufklärung von Lernmotivation (Qualität der Motivation) adäquat beschreiben zu können. Zusätzlich wurden spezifische Hinweise für die Weiterentwicklung der bisher durchgeführten statistischen Auswertungen und Analysen gegeben und in diesem Zuge diskutiert, wie die Herausforderungen einer Operationalisierung mehrfaktorieller (> 6) latenter Konstrukte adressiert werden können. Die vorläufigen Ergebnisse und ihre möglichen Interpretationen wurden anschließend einer differenzierten Betrachtung unterzogen. Die Anlage als kulturvergleichende Studie mit dem Potenzial, auch die Stabilität der Erkenntnisse in verschiedenen Kontexten zu prüfen, wurde hervorgehoben. Zusammenfassend hat die Diskussion durch konstruktive Impulse dazu beigetragen, die weiteren Auswertungen zu verfeinern und die Argumentationslinie der Studie im Bereich der Lernmotivation im Fach Mathematik weiter zu schärfen.
Dass die Bruchrechnung Lernende vor Herausforderungen stellt (z.B. Ni & Zhou, 2005), ist ebenso gut gesichert wie die Bedeutung des Bruchzahlkonzepts für das spätere Lernen von Mathematik (Bailey, Hoard, Nugent & Geary, 2012). Zeitgleich baut der Erwerb des Bruchzahlkonzepts auf einer Reihe von individuellen Lernvoraussetzungen auf (z.B. Hansen et al., 2015), wobei verschiedene Forschungstraditionen unterschiedliche Konstrukte in den Blick nehmen. Unklar ist bislang, in welcher Beziehung diese Lernvoraussetzungen zueinanderstehen und inwiefern sie Unterschiede für den Bruchzahlerwerb vorhersagen. Im Rahmen des Forschungsprojektes EWIWE wurde daher das Zusammenspiel zwischen verschiedenen und bislang insbesondere in der internationalen Literatur benannten Lernvoraussetzungen und Kenntnissen im Bereich der Bruchrechnung untersucht. Hierbei wurden sowohl Lernvoraussetzungen zu mathematischen Konzepten (z.B. proportionales Schließen) als auch basale Zahlverarbeitungsmaße aus der psychologischen Forschungstradition (z.B. spontanes Fokussieren auf Mengen und Relationen) berücksichtigt. In Bezug auf die konzeptbezogenen Lernvoraussetzungen wurden erstmals auch informelle Vorkenntnisse zu einfachen Brüchen, wie sie in der deutschsprachigen Mathematikdidaktik seit langem beschrieben werden, systematisch untersucht.
Im Rahmen der vorgestellten Studien wurden die Fragestellungen zur Prädiktivität der Lernvoraussetzungen zunächst mit linearen Regressions- und Mediationsanalysen untersucht. Hierbei konnten insbesondere die Lernvoraussetzungen zu mathematischen Konzepten als Prädiktoren für den Erwerb des Bruchzahlkonzepts bestätigt werden. Die basalen Zahlverarbeitungsmaße zeigten dagegen – wenn überhaupt – einen indirekten Einfluss auf den Erwerb des Bruchzahlkonzepts. Über diese Analysen hinaus wurde explorativ untersucht, inwiefern Stufenmodelle im Vergleich zu linearen Regressionsmodellen eine differenziertere Beschreibung der Zusammenhänge zwischen den Lernvoraussetzungen und den Lernergebnissen aus der Bruchrechnung erlauben. Hierfür wurden zunächst exemplarisch die auf Basis von Raschanalysen und mit Hilfe eines Standard-Setting Verfahrens entwickelten Stufenmodelle zum proportionalen Schließen und den Bruchzahlaspekten vorgestellt, bevor daran anschließend die Ergebnisse der nichtparametrischen bivariaten Regressionsanalysen vorgestellt wurden. Das zusätzliche Potential dieser explorativen Methodik wird darin gesehen, dass über einfache lineare Zusammenhänge hinaus weitere Strukturen sichtbar gemacht werden können. Auf diese Weise konnte beispielsweise aufgezeigt werden, dass in Bezug auf das proportionale Schließen insbesondere für das Bewältigen von Anforderungen zu natürlichen und rationalen Mengenverhältnissen in verschiedenen Kontextsituationen ein Lernfortschritt im Bereich der Bruchrechnung zu erwarten ist.
Kernpunkte der Diskussion und neue Perspektiven
Für die neu entwickelten Erhebungsmaße zum spontanen Fokussieren auf Mengen und Relationen wurden Erhebungsmodalitäten sowie die vorgenommene Kodierung thematisiert. Es wurde hervorgehoben, dass in der Studie gezielt eine Verbindung zwischen Erkenntnissen der mathematikdidaktischen und psychologischen Forschungstradition angestrebt wird. In Bezug auf die Ergebnisse der linearen Regressionsanalysen wurde insbesondere über weitere, curricular derzeit noch weniger valide Outcomemaße (z.B. Verortung von Brüchen am Zahlenstrahl) diskutiert, die vermutlich stärker mit den basalen Zahlverarbeitungsmaßen zusammenhängen könnten. Die methodische Innovation der Stufenmodelle wurde mit Interesse aufgenommen. Im Zusammenhang damit wurde unter anderem das methodische Verfahren für das Generieren der Stufen vertieft diskutiert. Zusammenfassend stellte sich in der Diskussion heraus, dass das Dissertationsprojekt das Potenzial hat, innovative Erkenntnisse zum Erwerb des Bruchzahlkonzepts und dazu eine erste Integration mathematikdidaktischer und psychologischer Forschungstraditionen zu liefern.
Es herrscht Konsens darüber, dass mathematisches Wissen sowohl konzeptuelles als auch prozedurales Wissen umfasst (Hiebert & LeFevre, 1986; Geary et al., 2008). Trotz der Vielzahl an Forschungsarbeiten zu konzeptuellem und prozeduralem Wissen bleibt die Verwendung der Begriffe zum Teil vage und es fehlen explizite domänenspezifische Konzeptualisierungen (Crooks & Alibali, 2014). Darüber hinaus betonen Rittle-Johnson und Schneider (2015), dass der Validität bei der Messung der Wissensarten bislang zu wenig Beachtung geschenkt wurde. Das vorgestellte Projekt zielt auf dieses Forschungsdesiderat am Beispiel der Addition und Subtraktion von Brüchen. Es wurde eine theoretisch fundierte, umfassende Konzeptualisierung von konzeptuellem und prozeduralem Wissen entwickelt sowie eine systematische Operationalisierung und Validierung vorgenommen. Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse bestätigten eine Überlegenheit der angenommenen zweidimensionalen Faktorenstruktur gegenüber einer eindimensionalen Modellierung und anderen theoretisch plausiblen zweidimensionalen Modellierungen.
Kernpunkte der Diskussion und neue Perspektiven
Die anschließende Diskussion bezog sich zunächst auf die Konzeptualisierung der Konstrukte. Dabei wurde unter anderem thematisiert, an welchen Stellen die vorgenommene Konzeptualisierung und Operationalisierung aus mathematikdidaktischer Sicht von der psychologischen Perspektive abweicht. Insbesondere wurde deutlich, dass Konzeptualisierung und Operationalisierung der Konstrukte stärker vor dem Hintergrund der angestrebten Testnutzung gesehen werden müssen, um die Frage “Warum genau so?” besser beantworten zu können. Entsprechend wurde angeregt, den Zweck der Testentwicklung – die Klassifizierung von Schüler*innen nach ihren individuellen Unterschieden im konzeptuellen und prozeduralen Wissen zu Brüchen sowie die Erfassung der Auswirkungen von spezifischen Lerngelegenheiten auf die beiden Konstrukte – expliziter zu benennen, damit bezogen auf die Testwertinterpretation und -nutzung ein umfassenderes Validitätsargument entwickelt werden kann.
Ein weiterführendes Thema der Diskussion betraf die grundsätzliche Frage, ob Unterschiede in den Testwerten auf individueller Ebene interpretiert werden können oder ob eine Interpretation auf Klassenebene angemessener wäre. Unterschiede in den Testwerten wären dann als Effekte von Unterschieden im Unterricht der Kinder zu interpretieren.
Hierzu wurden unterschiedliche Lösungsansätze diskutiert (z.B. experimentelle Herangehensweise, Analyse der Korrelationen innerhalb der Klassen und zwischen den Klassen, Berücksichtigung von Kovariaten).
Insgesamt hat die Diskussion dazu beigetragen, die Argumentationslinie weiter zu schärfen, und gab wichtige Impulse für die Weiterarbeit.
Der Umgang mit Funktionen in ihren verschiedenen Repräsentationen gehört zu den zentralen Kompetenzbereichen des Mathematikunterrichts. Kompetenzen sind als individuelle Ausprägungen nicht nur kognitiver sondern auch nicht-kognitiver Dispositionen (Blömeke, Gustafsson, & Shavelson, 2015; Weinert, 2001), wie beispielsweise Selbstwirksamkeitserwartungen, zu verstehen. Selbstwirksamkeitserwartungen haben einen entscheidenden Einfluss auf das Lernen (Talsma, Schüz, Schwarzer, & Norris, 2018).
Mathematische Selbstwirksamkeitserwartungen werden definiert als die eigene Einschätzung der Fähigkeiten, bestimmte mathematische Aufgaben erfolgreich bearbeiten oder lösen zu können (Hackett & Betz, 1989). In der vorgestellten Studie wurden Leistungen und Selbstwirksamkeitserwartungen beim Umgang mit linearen Funktionen von 376 Lernenden im 8. und 9. Schuljahr anhand derselben Aufgaben untersucht. Dazu wurde ein Erhebungsinstrument zur aufgabenbezogenen Erfassung von Selbstwirksamkeitserwartungen (Bandura, 2006) beim Umgang mit linearen Funktionen entwickelt.
In Übereinstimmung mit der Literatur zeigten die Daten im Querschnitt einen moderaten Zusammenhang zwischen Leistung und Selbstwirksamkeitserwartungen. Mittels hierarchischer Clusteranalyse konnten Gruppen mit unterschiedlichen Ausprägungen in Leistung und Selbstwirksamkeitserwartungen identifiziert werden. Die Ergebnisse sind für die Unterrichtspraxis relevant, da Lernende mit unterschiedlichen Kompetenzprofilen aus Selbstwirksamkeitserwartungen und Leistung von unterschiedlichen Fördermaßnahmen profitieren sollten.
Kernpunkte der Diskussion und neue Perspektiven
Anfangs wurde diskutiert, inwieweit sich das verwandte psychologische Konstrukt des Selbstkonzepts von den Selbstwirksamkeitserwartungen unterscheidet. Es wurde darauf hingewiesen, dass häufig beide Konstrukte nicht sauber getrennt werden, was zu verzerrten Ergebnissen führen kann (Honicke & Broadbent, 2016). Neben Unterschieden in der Art der Erhebung (aufgabenspezifische Erfassung vs. Erfassung als generelle Überzeugung) wurden auch empirische und theoretische Argumente angeführt.
Ein zweiter Diskussionspunkt betraf die Auswertungsmöglichkeiten, die sich aus der Erfassung der Selbstwirksamkeitserwartungen und Leistungen anhand derselben Aufgabe ergeben. Beispielsweise könnte die Genauigkeit der Schülereinschätzungen abgebildet werden.
Es folgte eine Diskussion zur Erstellung der Cluster für die Charakterisierung von Gruppen unterschiedlicher Kompetenzprofile, was ein methodisch herausforderndes Problem darstellt. Dadurch, dass Leistung und Selbstwirksamkeitserwartungen in einer Beziehung zueinander stehen, muss die gemeinsame Varianz in den beiden Variablen berücksichtig werden. Die vorgestellte Methode wurde diskutiert und verschiedene Alternativen wurden hervorgebracht. Abschließend lässt sich sagen, dass zentrale Erkenntnisse aus der Diskussion gezogen wurden, die es nun ermöglichen, die weitere Auswertung zu verfeinern und die Argumentationslinie zu stärken.
Der Schülerwettbewerb PhysikOlympiade möchte begabte Jugendliche für Physik interessieren und fördern (Petersen & Wulff, 2017). Da die anspruchsvollen Physikaufgaben auch Mathematisierungen erfordern, können die Jugendlichen an der Physik, aber auch an der Mathematik scheitern, selbst wenn sie physikalisch kompetent sind.
Das vorgestellte Promotionsprojekt untersucht vor diesem Hintergrund die mathematischen Anforderungen in der PhysikOlympiade aus zwei Perspektiven: Zum einen stellt sich die Frage, wie die Teilnehmenden durch ihren Unterricht auf die mathematischen Anforderungen vorbereitet werden. Zum anderen soll erforscht werden, wie die Jugendlichen ihren (Miss )Erfolg auf mathematische oder physikalische Ursachen attribuieren und wie diese Attributionen ihr mathematisches bzw. physikalisches Selbstkonzept beeinflussen.
Zunächst wurden Musterlösungen der Olympiaden-Aufgaben hinsichtlich ihrer mathematischen Anforderungen sowie deren Abdeckung durch die gymnasialen Mathematiklehrpläne in vier Bundesländern analysiert. Dabei zeigt sich die Bedeutung der Mathematik für die PhysikOlympiade (wie für die Physik allgemein, z. B. Karam, 2014). Zwar reichen für die erste Runde mathematische Kenntnisse aus der Sekundarstufe I, die mathematischen Anforderungen der höheren Runden gehen jedoch über die aus dem Unterricht bekannten Inhalte hinaus.
Zusätzlich wurde zu mehreren Zeitpunkten im Wettbewerbsverlauf, neben anderen affektiven Variablen, die Attribution des (Miss-)Erfolgs der Teilnehmenden (z. B. Weiner, 2010) erfasst, sowohl auf Mathematik als auch auf Physik bezogen. Die vorgestellten Ergebnisse konzentrierten sich auf die Daten von 170 Teilnehmenden der ersten Runde (davon 97 für die zweite Runde qualifiziert). Sowohl bei erfolgreichen als auch bei ausgeschiedenen Teilnehmenden wurden selbstwert-dienliche Attributionsmuster sichtbar. Außerdem zeigte sich bei der Attribution eine Unterscheidung von Mathematik und Physik: Während erfolgreiche Teilnehmende ihr Weiterkommen signifikant höher auf die Mathematik als auf die Physik in den Aufgaben zurückführten, attribuierten erfolglose ihr Ausscheiden stärker auf die Physik als auf die Mathematik in den Aufgaben – ein Ergebnis, das sich vermutlich mit den niedrigen mathematischen Anforderungen der ersten Runde erklären lässt.
Kernpunkte der Diskussion und neue Perspektiven
Im Anschluss an die Aufgabenanalyse war ein zentraler Diskussionspunkt, ob die Teilnehmenden die benötigte Mathematik im Mathematik- oder im Physikunterricht lernen. Es wurde vermutet, dass Lehrkräfte sich stark darin unterscheiden, zu welchem Grad ihr Physikunterricht der Sekundarstufe I mathematisiert ist. Es wäre interessant zu erheben, inwiefern sich diese Unterschiede bei betreuenden Lehrkräften in der PhysikOlympiade widerspiegeln oder ob vor allem Schüler und Schülerinnen an der PhysikOlympiade teilnehmen, deren Physikunterricht stärker mathematisiert ist. Ebenso wurde angeregt, dass eine Analyse von Lösungen der Teilnehmenden Einblicke geben könnte, wie die Mathematik zum Modellieren genutzt wird.
Für die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse wurde darauf hingewiesen, dass sich nicht nur die Teilnehmenden unterscheiden (beispielsweise hinsichtlich der Vorkenntnisse), sondern sich auch die Rahmenbedingungen im Lauf der Olympiade ändern (Bearbeitung als Einzelperson vs. Seminarwochen, absolutes vs. relatives Auswahlkriterium). Diese Aspekte sollten in weiteren Analysen einbezogen werden, da Attributionen sich dann beispielsweise auch durch den Vergleich mit der Lerngruppe ändern können. Zusammenfassend hat die Diskussion das Projekt insgesamt bestärkt und Anregungen für die Auswertung sowie mögliche weiterführende Studien gegeben.
Beweisen bereitet Studierenden gerade zu Beginn ihres Studiums oftmals große Schwierigkeiten. Studierende müssen sowohl eigenständig Beweise konstruieren, validieren und evaluieren können als auch ein Beweisverständnis aufbauen. Darunter versteht man, dass sie korrekt aufgeschriebene Beweise lesen und verstehen können.
In diesem Vortrag wurde mein Dissertationsprojekt vorgestellt, bei dem ich das Beweisverständnis von Fach- und Lehramtsstudierenden in der Eingangsphase eines Mathematikstudiums analysiere. Neben der Vorstellung einer Arbeitsdefinition zur Konzeptualisierung von Beweisverständnis wurde auch eine Operationalisierung mittels Testinstrumenten vorgestellt, die sich an ein Assessmentmodell von Mejia Ramos et al. (2012) anlehnt. In den bisherigen quantitativen Studien wurden diese Tests genutzt, um Zusammenhänge zwischen dem Beweisverständnis und anderen Merkmalen von Studierenden, wie zum Beispiel Begriffswissen, Fachinteresse oder dem Nutzen von Beweislesestrategien, zu untersuchen und mögliche Prädiktoren für das Beweisverständnis zu ermitteln. Auf diese Weise können Ansatzpunkte für eine verbesserte Diagnose von Schwierigkeiten sowie eine bessere Unterstützung von Lernprozessen in der Studieneingangsphase erlangt werden. Erste Ergebnisse der bisherigen Studien wurden gezeigt und diskutiert.
Kernpunkte der Diskussion und neue Perspektiven
In der Diskussion wurden hilfreiche Anregungen für eine Weiterentwicklung der Arbeitsdefinition von Beweisverständnis gegeben, die nun in nächster Zeit theoretisch ausgeschärft wird. Da die auf Basis des Assessmentmodells von Mejia Ramos et al. (2012) konstruierten Beweisverständnistests nur einen Beweis aus einem mathematischen Fachbereich beinhalten, ist es schwierig, aus den vorgestellten Ergebnissen zu generalisieren. In der Diskussion wurde überlegt, wie man Beweisverständnis allgemeiner erfassen könnte und ob das Assessmentmodell von Mejia-Ramos et al. (2012) erweitert werden sollte. Außerdem wurden die Auswirkungen des Forschungsprojekts auf die Mathematikdidaktik, spezieller auf die Hochschullehre im Bereich Mathematik, erfragt. Durch die Analyse der Zusammenhänge zwischen Beweisverständnis und anderen individuellen Merkmalen von Studierenden könnte erstens das theoretisch ausgeschärfte Konzept des Beweisverständnisses empirisch fundiert werden und zweitens könnten mögliche Prädiktoren für Beweisverständnis ermittelt werden. Gerade das Vorwissen der Studierenden im untersuchten mathematischen Beweis und z. T. Beweislesestrategien scheinen das Beweisverständnis zu prädizieren. Basierend auf diesen Erkenntnissen könnten dann gezielte Fördermaßnahmen entwickelt werden, indem sowohl das Begriffswissen als auch Strategien zum Umgang mit Beweisen adressiert werden. Insgesamt war die Diskussion gewinnbringend für die weitere Arbeit an diesem Promotionsprojekt und brachte zusätzliche Impulse für die Forschung im Bereich des Beweisens.
Das Verstehen mathematischer Objekte oder Prozesse ist nicht ohne die Entwicklung und Verwendung von Repräsentationen möglich. Der Einsatz multipler Repräsentationen im Unterricht kann durch moderne Technologien unterstützt werden. Computergestützte Visualisierungen bieten etwa durch Animationen, Interaktivität oder dynamische Übersetzungen zwischen verschiedenen Repräsentations-formen das Potential, tieferes Verständnis zu ermöglichen. Bei Auswahl und Einsatz entsprechender Applikationen muss aber auch die kognitive Belastung und deren didaktische Qualität berücksichtigt werden. Ziel des vorgestellten Teilprojekts des Forschungs- und Nachwuchskollegs “Effektive Kompetenzdiagnose in der Lehrerbildung” (EKoL) ist die Konzeptualisierung fachdidaktischer Kompetenzen von Lehrkräften für die Analyse computergestützter Darstellungen unter Berücksichtigung ihres fachdidaktischen und multimedia-didaktischen bzw. psychologischen Wissens. Für die empirische Überprüfung des Kompetenzmodells werden domänenspezifische Videovignetten, die über Aufnahme des Bildschirms die Nutzung von computergestützten Darstellungen durch Lernende abbilden, zur Kompetenzerfassung entwickelt.
Im Vortrag wurden die für das Forschungsprojekt relevanten theoretischen Grundlagen aufgearbeitet. Dazu wurden zum einen kognitionspsychologische Befunde zum Lernen mit multimedialen und animierten Materialien (Mayer, 2009; Lowe & Ploetzner, 2017) und zum anderen die in der fachdidaktischen Forschung diskutierten Potentiale der Computerunterstützung im Mathematikunterricht (Roth, 2005; Pierce & Stacey, 2010) zusammengestellt. Abschließend wurde ein mögliches Design eines Erhebungsinstruments für die Kompetenz von Lehrkräften zur Analyse computergestützter dynamischer Darstellungen skizziert.
Selbst erstellte Visualisierungen haben das Potential, Lernende beim mathematischen Modellieren zu unterstützen (Rellensmann, Schukajlow & Leopold, 2017; Schukajlow, 2011). Jedoch lassen sich häufig keine positiven Effekte der Aufforderung, eine Visualisierung bzw. Skizze zu erstellen, auf die Leistung von Lernenden beobachten (z. B. De Bock, Verschaffel, Janssens, Van Dooren & Claes, 2003; Van Essen & Hamaker, 1990, Study 1). Im DFG- Projekt ViMo werden Bedingungen untersucht, unter denen Visualisierungsaufforderungen zu Leistungssteigerungen beim Modellieren zum Satz des Pythagoras führen. Im ersten Teil des Vortrags wurden Ergebnisse einer qualitativen Studie präsentiert, in der Lernende bei der Umsetzung der Aufforderung “Zeichne eine Skizze” beobachtet wurden. Es wurden u. a. Hypothesen über die wirksame und nicht wirksame Nutzung einer Skizze im Modellierungsprozess aufgestellt. Im zweiten Teil des Vortrags wurden Ergebnisse einer quantitativen Studie präsentiert, in der Effekte der Aufforderung zum Zeichnen von Skizzen auf die Modellierungsleistung untersucht wurden. Es zeigten sich indirekte Effekte einerseits von der Aufforderung, eine Skizze anzufertigen, und andererseits vom vorliegenden individuellen Skizzenwissen auf die Leistung. Beide Effekte wurden über die Qualität der erstellten Skizzen mediiert.
Im zweiphasige Instruktionsmodell Productive Failure (z. B. Kapur & Bielaczyc, 2012; Loibl, Roll & Rummel, 2017) generieren die Lernenden in einer Entdeckungsphase eigene Lösungsideen. In der anschließenden Konsolidierungsphase werden die intendierten Konzepte eingeführt und die richtige Lösung hergeleitet. Bisherige Forschung deutet darauf hin, dass in dieser zweiten Phase das Aufgreifen typischer fehlerhafter Schülerlösungen ein lernrelevantes Element ist, um eine Fehlerverarbeitung und damit ein tieferes Verständnis anzuregen (Loibl & Rummel, 2014). Es ist anzunehmen, dass diese Fehlerverarbeitung in Inhaltsbereichen, in denen viele Grundvorstellungs-umbrüche auftreten (z. B. Brüche, Prediger, 2008), besonders relevant sein sollte. Vor diesem Hintergrund lautete unsere Forschungsfrage: Wie wirkt die Anregung von Fehlerverarbeitungsprozessen nach einer Entdeckungsphase zum Bruchvergleich auf den Lernerfolg?
In einer Interventionsstudie mit 200 Kindern der 5. Jahrgangsstufe wurden 3 Bedingungen verglichen, die sich darin unterschieden, inwiefern eine Fehlerverarbeitung ermöglicht und/oder angeregt wurde: Die Lernenden der Kontrollbedingung arbeiteten in der Konsolidierungsphase ausschließlich mit richtigen Lösungen. Die Lernenden der Fehlerbedingung erhielten zusätzlich Beispiele von typischen fehlerhaften Lösungsansätzen. Die Lernenden der Promptbedingung wurden explizit aufgefordert richtige und fehlerhafte Lösungsbeispiele zu vergleichen. Die Lernergebnisse zeigten, dass das Einbringen fehlerhafter Lösungen in der Konsolidierungsphase lernförderliche Effekte haben kann, wenn die Lernenden explizit dazu angeregt werden, diese fehlerhaften Lösungsansätze mit den richtigen Lösungen zu vergleichen. Die Konfrontation mit Fehlern ist folglich nicht automatisch lernförderlich.
Neben diesen Lernergebnissen wurden Prozessdaten vorgestellt und diskutiert. Die Prozessdaten bezogen sich auf die beiden Phasen. Hinsichtlich der Entdeckungsphase wurde aufgezeigt, dass sich ein Großteil der Fehler den bekannten Fehlerkategorien aus der Literatur zuordnen ließ (vgl. Eichelmann, Narciss, Schnaubert & Melis, 2012). Hinzu kamen wenige Fehler, die durch den Kontext der Aufgabe provoziert wurden (vgl. Prediger, 2011 für eine tiefergehende Analyse kontextbezogener Bearbeitungen bei der gestellten Aufgabe). Die Tatsache, dass der Großteil der Fehler in der Konsolidierungsphase im Rahmen der typischen fehlerhaften Lösungsbeispiele aufgegriffen wurde, stärkt den gewählten Forschungszugang, da die Lernenden offensichtlich mit für sie relevanten falschen Lösungsbeispielen konfrontiert wurden. Hinsichtlich der Konsolidierungsphase wurde untersucht, inwiefern die Lernenden der Fehlerbedingung eigenständig Fehlerverarbeitungsprozesse explizierten. Dies taten nur die wenigsten Lernenden, was das vergleichsweise schlechte Abschneiden dieser Bedingung erklären kann.
Das Formulieren und Absichern mathematischer Vermutungen stellt eine komplexe Tätigkeit dar, die verschiedene kognitive Prozesse wie das Generieren von Beispielen und das Zusammenführen einzelner Teilargumente zu einem Beweis umfasst (u. a. Boero, 1999). In kooperativen Settings kommen zudem sozial-diskursive Anforderungen wie das Bewerten und Integrieren der Argumente des Gegenübers hinzu (u. a. Kollar et al., 2014; Roschelle & Teasley, 1995). Derzeit finden sich in der Literatur allerdings nur vereinzelt Hinweise, welche Argumentations- und Beweisprozesse in Hinblick auf den Erfolg von zentraler Bedeutung sind.
Im Rahmen der Herbsttagung wurde ein Analyseinstrument zur Erfassung individuell- kognitiver und sozial-diskursiver Prozessindikatoren mathematischen Argumentierens und Beweisens vorgestellt. Mithilfe dieses Analyseinstruments wurden in einer empirischen Studie sieben Indikatoren für kooperative Argumentations- und Beweisprozesse von N = 98 Studienanfängerinnen und -anfängern, die in Paaren eine Aufgabe bearbeiteten, erhoben. Im Anschluss wurden die Indikatoren auf Zusammenhangsmuster sowie ihre Bedeutung für die Qualität des finalen Beweises hin untersucht. Es zeigte sich, dass kooperativen Argumentations- und Beweisprozessen eine mehrdimensionale Struktur zugrunde liegt, wobei zwischen einer individuell-kognitiven und einer sozial-diskursiven Komponente unterschieden werden kann. Zudem weisen die Ergebnisse darauf hin, dass individuell-kognitive Prozessindikatoren prädiktiv für die Qualität des resultierenden Produktes sind und den Einfluss der individuellen Argumentationskompetenz auf die tatsächliche Leistung (Performanz) mediieren. Dabei spielt das Generieren inhaltlich-korrekter und strukturell vollständiger Argumente während des Diskurses eine wesentliche Rolle.
Psychometrische Tests zur Raumvorstellung erfassen mentale Fähigkeiten, die räumliche Anforderungen in Form von schriftlichem Aufgabenmaterial im Mathematikunterricht abbilden. Fähigkeiten zur räumlichen Orientierung im Realraum erfordern die Integration einer Vielzahl von räumlichen Informationen, wurden aber bisher nicht erfasst. Eine Erweiterung des Konstruktes Raumvorstellung auf den Kontext des Realraumes scheint angemessen, wirft aber die Frage auf, inwieweit sich für beide Settings ähnliche mentale Anforderungen formulieren lassen und in welchem Zusammenhang beide Fähigkeitskonstrukte stehen. In der eigenen Studie soll dies geklärt werden. Dafür wurden ein Test in einem schriftlichen und einem realen Setting entwickelt und mit 260 Viertklässlern durchgeführt. Im Vortrag werden beide Testinstrumente vorgestellt, sowie erste Ergebnisse der Studie präsentiert. Insbesondere sollen Möglichkeiten weiterführender Analysen zur Diskussion gestellt werden.
Aus Sicht der Hochschulen gibt es trotz weit verbreiteter hoher Abbruchquoten bisher keine Einigkeit, welche Kompetenzdefizite vor Studienbeginn auszugleichen bzw. welche mathematischen Lernvoraussetzungen für MINT-Studiengänge notwendig sind. Zur Beschreibung der aus Hochschulsicht für einen erfolgreichen Einstieg in MINT-Studiengänge nötigen mathematischen Lernvoraussetzungen wird im Projekt MaLeMINT eine Delphi-Studie durchgeführt (eine explorative Runde mit N = 36 sowie drei Runden mit ca. N = 2000 Dozenten aus Deutschland). Ausgehend von der offenen Erhebung eines umfassenden Bildes der erwarteten Lernvoraussetzungen soll so in mehreren feedbackgestützten Iterationen sukzessive ein Konsens seitens der Hochschullehrenden erzielt werden. Im Vortrag werden das Gesamtkonzept der Studie sowie vorläufige Ergebnisse der ersten und zweiten Befragungsrunde vorgestellt. Darüber hinaus wird ein Ausblick auf die weiteren Runden und geplanten Auswertungen gegeben.
Der Vortrag stellt zunächst zwei konkurrierende kognitionspsychologische Theorien vor, die unterschiedliche Aussagen darüber machen, wie sich Verständnis und Performanz beim Satz von Bayes steigern lassen und welche Rolle Visualisierungen dabei spielen. Bezogen auf die Frage, ob das Baumdiagramm oder das Einheitsquadrat besser geeignet ist, werden die beiden genannten Visualisierungen auf Grundlage der kognitionspsychologischen Theorien analysiert und Hypothesen abgeleitet. Im Vortrag werden die Ergebnisse von zwei empirischen Studien (N=148 und N=143) vorgestellt, die zeigen, dass das Einheitsquadrat besser geeignet ist, um Verständnis und Performanz beim Satz von Bayes zu unterstützen.
Wiederholt zeigt sich, dass SchülerInnen sowie Studierende Schwierigkeiten beim Umgang mit mathematischen Argumentationen und insbesondere mathematischen Beweisen haben. Spätestens zu Beginn eines mathematischen Studiums führt dies zu besonderen Problemen, da Beweise als wissenschaftliche Methode eingeführt werden und besonderer Wert auf den Umgang mit Beweisen gelegt wird. Wesentlich für die Erklärung derartiger Probleme ist Wissen darüber, welche individuellen Ressourcen benötigt werden, um Beweise erfolgreich zu konstruieren, zu bewerten und zu verstehen.
Das MIMAPS Projekt untersucht, inwiefern derartige Kompetenzen mit individuellen kognitiven Ressourcen von Studierenden zusammenhängen, die bereits als Voraussetzungen für den erfolgreichen Umgang mit mathematischen Beweisen genannt wurden. Ziel des Projektes ist es querschnittliche Zusammenhänge zu untersuchen sowie erste Erkenntnisse zu Fördermöglichkeiten der individuellen Ressourcen und Kompetenzen im Umgang mit Beweisen zu liefern. Es werden mehrere Studien mit Studierenden und leistungsstarken Schülern vorgestellt.
Die Vermittlung des Begriffsverständnisses von Funktionalen Zusammenhängen ist ein wichtiges Ziel in Sekundarstufe I (KMK 2004), jedoch stellt sich nach wie vor die Frage, welche Einflussfaktoren den Lernenden in der Anwendung der verschiedenen Repräsentationen beeinflussen, bzw. sogar daran hindern, eine vollständige, reflektierte und adaptive Nutzung der Repräsentationen von Funktionen zu nutzen.
Die Überzeugungen zum sicheren Umgang mit Repräsentationen konnten bereits bezüglich spezifischer Themengebiete in Fragebogenformaten erhoben werden (vgl. Gagatsis et al. 2009), ebenso ist es möglich differenzierende Leistungsmessungen durchzuführen (vgl. Bayrhuber et al. 2010). Ziel des Projektes ist, die Zusammenhänge zwischen den individuumsabhängigen Faktoren im Umgang mit den verschiedenen Repräsentationen der linearen Funktion (hier: Graph und Tabelle) mit der Leistungskomponente in einer Testung in diesem Themenbereich aufzudecken. Mittels eines Mixed-Methods-Designs werden in Klassenstufe 8 die Wirkungen von Präferenzkonzept und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Lernenden auf die Anwendung und den Umgang mit den Repräsentationen quantitativ (N= 266) erfasst werden. Im qualitativen Studienteil wird durch Einzelinterviews (N= 8) eine Vertiefung der Erkenntnisse über die Rolle der Präferenzen und weiterer Faktoren angestrebt.
Bereits in der Vorstudie konnte gezeigt werden, dass sich die Konstrukte Präferenz und Selbstwirksamkeit trennen lassen und einzelne Subskalen Informationen zu den verschiedenen Repräsentationen (Tabelle und Graph) liefern können. Durch den mehrfachen Einsatz der Skalen wurde aufgedeckt, dass Lernende sich ihrer Präferenzen und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen während der unterrichtlichen Erarbeitung bewusster werden. Welche Rolle die Präferenzprofile bei der adaptiven Nutzung von Repräsentationen spielen soll im Vortrag ebenso thematisiert werden, wie die Präsentation von Ergebnissen der Hauptstudie und die Erörterung deren Bedeutung.
Das Projekt ist Teil des interdisziplinär ausgerichteten Promotionskollegs VisDeM (Visualisierungen im Deutsch- und Mathematikunterricht). In diesem Rahmen wird einerseits das Lernen von Inhalten mittels Visualisierungen, andererseits das Anwenden von Visualisierungen zur Problembearbeitung fokussiert.
Literatur:
Bayrhuber, M., Leuders, T., Bruder, R., Wirtz, M. (2010). Repräsentationswechsel beim Umgang mit Funktionen – Identifikation von Kompetenzprofilen auf der Basis eines Kompetenzstrukturmodells. Projekt HEUREKO. Zeitschrift für Pädagogik; Beiheft 56 (56), 28-39.
Gagatsis, A., Panaoura, A., Deliyianni, E., Elia, I. (2009). Student’s Belief about the Use of Representations in the Learning of Fractions. In Proceedings of CERME 6. Lyon, France, 28.1.-1.2.2009, 64-73.
KMK: Kultusministerkonferenz, Beschlüsse (2004). Bildungsstandards im Fach Mathematik für den mittleren Schulabschluss. Beschluss vom 4.12.2003. In Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.). München: Luchterhand.
Verschiedene Autoren (z.B. Vygotski, 1978) heben in unterschiedlichen Zusammenhängen die Bedeutung von Interaktionen für das Lernen hervor. Daran anknüpfend befasst sich die Dissertation mit mathematischen Interaktionen zwischen Kindergartenkindern beim Spielen von Regelspielen. Die Datenerhebung fand im Rahmen des von der Internationalen Bodenseehochschule geförderten Projekts “Spielintegrierte Mathematische Frühförderung (spimaf)” statt. Der Fokus lag dabei sowohl auf dem konkreten Handeln der Kinder mit den Spielmaterialien als auch auf den verbalen und nonverbalen Interaktionen der Kinder, die mit Hilfe der Videographie festgehalten wurden. Die dabei entstandenen Videoaufnahmen werden im Hinblick auf mein Forschungsinteresse strukturiert und analysiert. Dabei gelten als wesentliche Schritte die Definition einer mathematischen Interaktion, die Strukturierung des Datenmaterials, das Bestimmen von Interaktionsauslösern, die Betrachtung struktureller Besonderheiten sowie die Analyse der argumentativen Fähigkeiten von Kindergartenkindern. Im Vortrag sollen das methodische Vorgehen, das Analyseinstrument und erste Ergebnisse präsentiert und diskutiert werden.
Literatur:
Vygotski, L. S. (1978). Mind in society. The development of higher psychological processes. Cambridge, MA: Harvard University Press.
International wird der Einbezug algebraischer Inhalte in den Mathematikunterricht der Grundschule stark diskutiert. Der Early-Algebra- Ansatz versucht dabei, Arithmetik und Algebra im Unterricht frühzeitig und kontinuierlich zu verweben.
Ein wichtiger Aspekt algebraischen Denkens stellt das relationale Denken als das Herstellen von Beziehungen zwischen Mengen, Zahlen und Operationen dar. Ein zweiter wichtiger Aspekt der Algebra ist das Umgehen mit Unbekannten.
Im Rahmen des Dissertationsprojektes wurden Untersuchungsmaterialien und -aufgaben entwickelt, dass das Herstellen von Beziehungen zwischen bekannten und unbekannten Mengen (Schachteln und Murmeln) ermöglicht. In klinischen Interwies mit Vorschülern sowie Zweit- und Viertklässlern wurde erkundet, inwiefern bereits von Kindern dieser Altersgruppen Beziehungen zwischen unbekannten Mengen beschrieben und für die Bearbeitung genutzt werden. Im Vortrag wird das Auswertungsschema vorgestellt, das die Beschreibungen der Kinder zwischen operationalem und strukturalem Vorgehen sowie deren Umgang mit Unbekannten beschreibt.
Mathematische Kompetenzen besitzen in der allgemeinen und beruflichen Bildung einen zentralen Stellenwert. Gleichzeitig liefern empirische Studien am Übergang in die berufliche Erstausbildung Hinweise auf mathematische Defizite von Auszubildenden bei der Bearbeitung von beruflichen Anforderungssituationen. Die Dissertation, die im Rahmen des ManKobE-Projekts entsteht, thematisiert die Modellierung mathematischer Kompetenz in der allgemeinen und beruflichen Bildung. Interessant ist dabei insbesondere, welche Rolle schulisch erworbene mathematische Kompetenzen in der beruflichen Erstausbildung spielen und wie sie in beruflichen Anforderungssituationen wirksam werden. Am Beispiel des Ausbildungsberufs “Industriekaufmann/-frau” werden spezifische Aspekte der mathematischen Kompetenz mittels einer Inhalts- und Anforderungsanalyse der berufsspezifischen Lernfelder herausgearbeitet. Vor dem Hintergrund dieser Analysen wird ein Test zur Erfassung der berufsfeldbezogenen mathematischen Kompetenz von kaufmännischen Auszubildenden sowie erste empirische Ergebnisse vorgestellt.
Entwicklung von multiplen Lösungen zu Modellierungsaufgaben wird schon lange in didaktischen Diskussionen gefordert. Allerdings fehlt eine empirische Absicherung der Effekte dieses Unterrichtselementes auf Leistungen, Strategien und motivational-affektive Merkmale von Lernenden. Dieses Forschungsdesiderat wird im Rahmen des DFG-Projekts “Multiple Lösungen in einem selbständigkeitsorientierten Mathematikunterricht” bearbeitet. Im Vortrag wird auf die leistungsfördernden Effekte der Entwicklung von solchen multiplen Lösungen fokussiert, die durch Annahmen zu fehlenden Angaben entstehen. Im Ausblick wird über die ersten Ergebnisse einer neueren Studie berichtet, in der die multiplen mathematischen Lösungswege untersucht wurden.
Diagnostische Fähigkeiten von Lehrkräften gelten als eine Grundvoraussetzung für die Gestaltung guten Unterrichts. Im Rahmen des vorgestellten Dissertationsprojekts wurde ein Instrument zur Erfassung der diagnostischen Fähigkeiten von Lehrkräften speziell im Bereich Arithmetik im Anfangsunterricht entwickelt und erprobt. Um hierbei die beruflichen Anforderungen adäquat abzubilden, kamen neben der Beurteilung von Mathematikaufgaben und Schülerdokumenten auch Videosequenzen zum Einsatz, in denen Lehr-Lern-Situationen eingeschätzt und mögliche Reaktionen formuliert werden sollten. Das anschließende mehrstufige Analysevorgehen erlaubt eine qualitative Einschätzung verschiedener Facetten diagnostischer Fähigkeiten. Durch die Visualisierung der Diagnosefacetten in Kompetenzprofilen wird ein Vergleich der diagnostischen Fähigkeiten von Lehramtsstudierenden, Lehrkräften und Experten möglich. Im Vortrag soll das Analysevorgehen vorgestellt und erste Ergebnisse präsentiert und diskutiert werden.
Ziel des Projektes ist die Modellierung fachdidaktischer Kompetenzen angehender Lehrkräfte während der ersten und zweiten Phase der Ausbildung im Hinblick auf den Umgang mit multimedialen Repräsentationen im Mathematikunterricht. Inhaltlich werden die Teilbereiche “Funktionen” und “Geometrie” untersucht, entsprechende Unterrichtsinhalte werden mit der Software Geogebra dargestellt.Für die empirische Überprüfung der fachdidaktischen Kompetenzen werden 30 domänenspezifische Vignetten verwendet, welche in engem Austausch mit der Schulpraxis entwickelt wurden und mit einem dreistufigen Experten-Delphi derzeit ökologisch validiert werden.
Die Pilotierung der Items erfolgt Anfang des Jahres 2015. Im Fokus des Vortrags stehen die Präsentation zweier repräsentativ ausgewählter Vignetten und die Diskussion von Ergebnissen der qualitativen ersten Runde des Experten-Delphis (n = 9).
Wiederholt zeigte sich die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung mathematischer Kompetenzunterschiede zwischen Lernenden mit deutscher und nicht-deutscher Familiensprache (Heinze et al., 2009; Prediger et al., 2013). Vornehmlich in Bereichen des konzeptuellen Verständnisses stellen Sprachkenntnisse im Deutschen die wichtigste Erklärungsvariable dar.
Um dieses Phänomen systematisch zu untersuchen, wurden in dem Projekt LaMa Aufgaben zu vier Facetten mathematischer Kompetenz (Arithmetische Basisfertigkeiten, Konzeptuelles Verständnis, Textaufgaben, Umgang mit Arbeitsmitteln) entwickelt und in einer Längsschnittstudie zu Beginn (N=412) und zum Ende (N=300) des dritten Schuljahres eingesetzt. Dabei wurden allgemein- und fachsprachliche Kenntnisse sowie kognitive Grundfähigkeiten, Lerngelegenheiten sowie das mathematische Selbstkonzept erhoben. Erste Ergebnisse einer differenzierten Analyse des Lernzuwachses unter Einbezug möglicher Erklärungsvariablen werden vorgestellt.
Literatur
Heinze, A., Reiss, K., Rudolph-Albert, F., Herwartz-Emden, L. & Braun, C. (2009). The development of mathematical competence of migrant children in german primary schools. In M. Tzekaki (Hrsg.), Proceedings of the 33rd Conference of the International Group for the Psychology of Mathematics Education (Bd. 3). Thessaloniki, Greece: PME.
Prediger, S., Renk, N., Büchter, A., Gürsoy, E. & Benholz, C. (2013). Family background or language disadvantages? Factors for underachievement in high stakes tests. In A. Lindmeier & A. Heinze (Hrsg.), Proceedings of the 37th Conference of the International Group for the Psychology of Mathematics Education (Bd. 4). Kiel, Germany: PME.
Bei der Untersuchung handelt es sich um ein Dissertationsprojekt bei Jun-Prof. Dr. Stanislaw Schukajlow im Rahmen des DFG Projekts “Multiple Lösungen in einem selbständigkeitsorientieren Mathematikunterricht”. Bisher sind multiple Lösungen in der Mathematikdidaktik wenig untersucht worden. Theoretisch wird durch deren Behandlung u.a. eine vertiefte Einsicht in die Struktur des Lerngegenstandes angenommen, welches zu besseren Leistungen führen sollte (Aebli, Spiro et al. u.a.). Empirisch gibt es hierzu vereinzelte Studien (Große, Renkl und Rittle-Johnson, & Star), die zeigen wie multiple Lösungen im Unterricht behandelt werden sollten und welche Rolle das Vorwissen von Lernenden für ihre Leistungsentwicklung spielt.
Im Fokus meiner Untersuchung steht die Bearbeitung von Modellierungsaufgaben, bei denen Schüler aufgefordert sind, zwei Lösungen durch Annahmen über fehlenden Angaben, zu entwickeln. Ziel ist es, u.a. Schwierigkeiten des Lösungsprozesses zu ermitteln. Dazu wurden sechs Schülerpaare während einer Laboruntersuchung bei der Bearbeitung von drei Modellierungsaufgaben beobachtet und anschließend interviewt.
Die Beschreibung und Erfassung der professionellen Kompetenzen von Lehrkräften stellt immer noch eine Herausforderung der empirischen Unterrichtsforschung dar. Reine Papier-Bleistift-Tests können nur eingeschränkt die kontext-spezifischen Anforderungen des Unterrichtens abbilden und somit nur einen Teil der professionellen Kompetenzen erfolgreich messen. In diesem Projekt wird ein dreigliedriges Kompetenzmodell zugrunde gelegt, das über die (1) Wissenskomponente hinaus (2) reflektive und (3) aktionsbezogene Kompetenzen umfasst. Ziel ist es, ausgehend von diesem Modell ein reliables und valides Instrument zur Erfassung der professionellen Kompetenzen von Grundschullehrkräften im Mathematikunterricht zu entwickeln. Interessant ist insbesondere inwieweit sich insbesondere die aktionsbezogenen Kompetenzen reliabel erheben lassen und welche Zusammenhänge zwischen den drei Kompetenzkomponenten bestehen. Die aktionsbezogenen Kompetenzen werden erfasst indem die Lehrkräfte dazu aufgefordert werden direkt und unter Zeitdruck auf videographierte Unterrichtsszenen mündlich zu reagieren. Es wurden die Daten von N = 85 Lehrkräften erhoben sowie die einer Kontraststichprobe von N = 35 Studierende des Grundschullehramts zur Prüfung der Konstruktvalidität. In dem Vortrag werden erste Ergebnisse vorgestellt.
Im Rahmen einer Dissertation (Brunner, 2012, 2013), die im Kontext des Projekts “Didaktische Kommunikation und Bildungswirkungen im problemorientierten Mathematikunterricht” steht und auf den binationalen Datensatz der Studie “Unterrichtsqualität, Lernverhalten und mathematisches Verständnis” (Klieme, Pauli, & Reusser, 2009) – auch bekannt als “Pythagoras-Studie” – zurückgreift, wurde unter anderem in 32 Klassen des 8./9. Schuljahrs untersucht, welche Beweistypen bei der Bearbeitung der gleichen innermathematischen Aufgabenstellung realisiert wurden. Untersucht wurde weiter, ob es Zusammenhänge zwischen dem in den Klassen bearbeiteten Beweistyp und dem Schultyp sowie Merkmalen der Lehrpersonen gibt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der durchgeführte Beweistyp eher als eine persönliche Präferenz der Lehrperson interpretiert werden kann und weniger einer adaptiven Unterrichtsplanung bezogen auf die Anforderungen des Schultyps folgt.
Des Weiteren wurde in einem explorativen Vorgehen geprüft, inwiefern sich Zusammenhänge zwischen verschiedenen Beweistypen einerseits und der Klassenleistung andererseits beschreiben lassen. Dazu wurde die videografierte Bearbeitung der Beweisaufgabe mit den Leistungsdaten der Schülerinnen und Schüler in Beziehung gebracht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass je nach durchgeführtem Beweistyp die Eingangsvoraussetzungen der Klassen unterschiedlich ausfallen und auch Leistungsentwicklung der Lernenden unterschiedlich ausfällt.
Im Vortrag wird ein Einblick in die umfangreiche Studie anhand der für die Präsentation ausgewählten Fragestellungen gegeben. Im Rahmen der Dissertation wurde ein kognitions-psychologisch geprägtes Prozessmodell des Beweisens und Argumentierens entwickelt, das im Rahmen des Vortrags ebenfalls kurz präsentiert und zur Diskussion gestellt wird.
Literatur
Brunner, E. (2012). Innermathematisches Beweisen und Argumentieren auf der Sekundarstufe I. Unveröffentliche Dissertation. Zürich: Universität.
Brunner, E. (2013). Innermathematisches Beweisen und Argumentieren in der Sekundarstufe I. Münster: Waxmann.
Klieme, E., Pauli, C., & Reusser, K. (2009). The Pythagoras Study. In T. Janik & T. Seidel (Hrsg.), The power of video studies in investigating teaching and learning in the classroom (S. 137-160). Münster: Waxmann.
Adaptives Unterrichten setzt bei Lehrkräften die Fähigkeit zur Einschätzung von Lernvoraussetzungen als eine wesentliche Facette fachbezogener pädagogischer Kompetenz (PCK) voraus. Studien belegen jedoch erhebliche Fehleinschätzungen bei der Beurteilung von Aufgabenschwierigkeiten, im Einklang mit der Theorie des Expert-Blind-Spots. Daher soll untersucht werden, von welchen Kompetenzfacetten die Fähigkeit der adäquaten Schwierigkeitseinschätzung abhängt und wie sie verbessert werden kann.
In einer ersten empirischen Studie wurden Aufgaben zu Funktionen in graphischer und tabellarisch-numerischer Darstellung untersucht. Im Vergleich der empirischen Lösungshäufigkeiten (N=230) mit den Einschätzungen von Studierenden, Referendaren und Lehrkräfte (N=101) zeigte sich, dass zwischen den Gruppen die Verschätzungen mit zunehmender Praxiserfahrung abnahmen. Höheres schulbezogenes Fachwissen scheint die Verschätzungstendenzen zu verringern. Die Unterschätzung bei graphischen im Vergleich zu numerisch-tabellarischen Aufgaben war in allen Gruppen signifikant größer. Dies lässt eine stärkere “Komprimierung” des Expertenwissens bei graphischen Items vermuten.
&Die geplante Intervention überprüft die Verbesserung der Schwierigkeitsschätzung einerseits durch die Vermittlung von aufgabenbezogenem fachdidaktischen Wissen über schwierigkeitsgenerierende Merkmale und andererseits Dekomprimierung von Aufgaben. Zusätzlich wird die Wirkung einer Manipulation des Entscheidungsmodus (intuitiv vs. deliberat) auf die Einschätzungsleistung untersucht.
Wo scheint die Sonne, selbst wenn es im Rest der Republik regnet? Zumindest für das Tagungswochenende des AKs Psychologie und Mathematikdidaktik scheint die Antwort empirisch abgesichert Rauischholzhausen zu lauten. In guter Tradition trafen sich wieder knapp 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einer intensiven Arbeitstagung, auf der in diesem Jahr Tim Heemsoth, Inga Niedermeyer, Stephanie Schlump und Kathleen Philipp ihre Forschungsarbeiten ausführlich vorstellten. Ein erfreulich breites Spektrum an Forschungsarbeiten zeigte dabei auf, wie die unterschiedlichen mathematikdidaktischen Fragestellungen bearbeitet werden können. Die anschließenden regen und konstruktiven Diskussionen bewerteten alle Vortragenden für die weitere Ausschärfung der Projekte als hilfreich, wie die Rückschau zeigt.
In der Lehr-Lern-Forschung wird der Reflexion von Fehlern ein großes Lernpotenzial zugesprochen. Fraglich ist, inwieweit es den Aufbau negativen Wissens und die mathematische Leistungsentwicklung fördern kann. Es wurde ein Unterrichtsexperiment mit Prä-Post-Design vorgestellt, in dem neun 6. Klassen an einer 12-stündigen Unterrichtsintervention zur Bruchrechnung teilnahmen. Die Schülerinnen und Schüler jeder Klasse wurden zwei unterschiedlichen Lernumgebungen zugeordnet. In der F-Lernumgebung mussten sie fremde Fehler reflektieren und korrigieren; in der K-Lernumgebung korrekte Lösungen reflektieren und nahezu identische Aufgaben neu lösen. Vor und nach der Intervention wurden das Sachwissen und das negative Wissen sowie Kontrollvariablen erhoben.
Die Ergebnisse dieser ersten Studie zeigen, dass in der F-Lernumgebung signifikant mehr negatives Wissen aufgebaut wurde als in der K-Lernumgebung. Für das Sachwissen lässt sich hingegen kein signifikanter Effekt feststellen. Detailliertere Analysen wurden vorgestellt sowie Implikationen für die Forschung und den Unterricht diskutiert.
Kernpunkte der Diskussion und neue Perspektiven
Der Arbeitskreis hat konstruktive Vorschläge zu meiner Studie unterbreitet. Insbesondere die Anlage als Interventionsstudie im Klassenkontext wurde positiv bemerkt. Hinsichtlich der theoretischen Vorüberlegungen wurde insbesondere eine stärkere Abgrenzung der Konstrukte “Wissen” und “Negatives Wissen” sowie eine stärkere Klärung ihres Verhältnisses angesprochen. Infolgedessen wurden auch Vorschläge erörtert, inwieweit die Passung zwischen Konstrukten und Messinstrumenten zusätzlich überprüft werden kann.
Als räumliche Perspektivübernahme wird die Fähigkeit bezeichnet, sich vorstellen zu können, wie Gegenstände aus einer anderen Perspektive als der eigenen betrachtet aussehen. Bei Gegenständen mit einer vertikalen Symmetrieebene gibt es zwei Ansichten, die bezüglich einer vertikalen Achse symmetrisch zueinander sind und sich nur durch die Links-Rechts- Ausrichtung unterscheiden. Dies legt die Vermutung nahe, dass sich die Symmetrie von Objekten bei Aufgaben zur räumlichen Perspektivübernahme als erschwerender Faktor erweist und die zueinander symmetrischen Ansichten häufig verwechselt werden. Im Vortrag wurde ein systematisch variiertes Aufgabenset vorgestellt, das in videografierten Interviews mit 95 Schülerinnen und Schülern am Anfang des ersten Schuljahres zur Untersuchung dieser Vermutung eingesetzt wurde. Erste Ergebnisse zeigen wider Erwarten in den Lösungsraten keinen Unterschied zwischen symmetrischen und unsymmetrischen Objekten. Unterschiede in der Art der Fehler sowie den Begründungen der Kinder (für deren Auswertung ein Kategoriensystem entwickelt wurde) spiegeln jedoch die in den Aufgaben berücksichtigten Merkmale wider.
Kernpunkte der Diskussion und neue Perspektiven
In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass die systematische Variation von Aufgaben zur räumlichen Perspektivübernahme spannende Einsichten liefern kann. Die Rückmeldungen bezogen sich vor allem auf die aktuelle Arbeitsphase, in der die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse anstehen. So wurde unter anderem die Frage aufgeworfen, ob Aufgaben mit symmetrischen und unsymmetrischen Objekten überhaupt dieselben Fähigkeiten beanspruchen oder aber weitere Aspekte zu berücksichtigen sind. Diese und weitere interessante Anregungen werden meine Auswertung bereichern und helfen, die Bedingungen, unter denen räumliche Perspektivübernahme bereits am Schulanfang gelingt, genauer herauszuarbeiten.
Das Problemlösen ist eine der zentralen prozessbezogenen Kompetenzen, die Schülerinnen und Schüler im Mathematikunterricht erlangen sollen. Lehrpersonen sind somit vor die Herausforderung gestellt, ihren Unterricht zur Förderung der Problemlösekompetenz ihrer Schülerinnen und Schüler fachdidaktisch zu strukturieren. Im Vortrag wurde zunächst der Begriff der fachdidaktischen Strukturierung geklärt. Zum Aufbau der Problemlösekompetenz wurden aus theoretischer Perspektive zwei Aspekte unterschieden: Die kurzfristige Strukturierung – mit Blick auf kognitive Aktivitäten von Lernenden während des Problemlöseprozesses – und das Bereitstellen von Heurismen im Sinne eines langfristigen Kompetenzaufbaus. Der Fokus des Vortrages lag auf der Darstellung der empirischen Perspektive des Promotionsprojektes: In einer qualitativen computerbasierten Interviewstudie sollen Erkenntnisse über die handlungsnahen Kognitionen von zwölf erfahrenen Gymnasiallehrkräften zu diesem Thema gewonnen werden. Kern der Interviews bildeten auf theoretischer Grundlage konstruierte Unterrichtsvignetten. Im Vortrag wurden das komplex konstruierte Untersuchungsdesign sowie erste Ansätze zur Auswertungsmethodik vorgestellt.
Kernpunkte der Diskussion und neue Perspektiven
In der Diskussion wurde deutlich, dass das auf Grundlage der theoretischen Überlegungen konstruierte Untersuchungsdesign geeignet ist, um die Forschungsfragen zu beantworten. Weiterhin wurden durch die Diskussionsrunde konstruktive Verbesserungsvorschläge für die Auswertungsmethodik geliefert. Als Ausblick wurde auch der potentiell fruchtbare Einsatz von Unterrichtsvignetten in der Lehrerbildung diskutiert.
Mathematikerinnen und Mathematiker formen Hypothesen nicht etwa durch Ableitung aus bestehenden Sätzen, sondern in der quasi-experimentellen Arbeit mit Beispielen. Sie explorieren Gegenstandsbereiche, generieren Hypothesen und überprüfen diese. Solche fundamentalen kognitiven Prozesse sind auch die Grundlage experimentellen Denkens von Schülerinnen und Schülern. In einer Interviewstudie wurden experimentelle Prozesse Lernender analysiert und konzeptualisiert. Auf der Basis eines auf diese Weise empirisch gestützten Theorierahmens “innermathematischen Experimentierens” wurde darüber hinaus eine Lernumgebung zur Förderung experimenteller Prozesse entwickelt. Diese wurde im Rahmen einer Interventionsstudie erprobt. Ergebnisse beider Studien wurden im Vortrag vorgestellt.
Kernpunkte der Diskussion und neue Perspektiven
In der Diskussion ergaben sich zwei wesentliche Impulse, die im Hinblick auf mögliche aufbauende Fragestellungen bedeutend sein könnten. Zum einen wäre es auf Basis der Ergebnisse der Studie – des erfolgreichen Trainierens experimenteller Strategien – von großem Interesse, Aussagen über das parallele Erlernen strategischen und inhaltlichen Wissens treffen zu können. Zum anderen wäre zu überlegen, inwiefern das postulierte theoretische Modell innermathematischen Experimentierens neben der Operationalisierung und der Förderung experimenteller Strategien zusätzlich validiert werden könnte, indem beispielsweise weitere Hypothesen zum Zusammenhang mit anderen Merkmalen abgeleitet und überprüft werden.
Herzlichen Dank für die durchweg informativen, professionellen und kurzweiligen Vorträge!
Im Jahr 2013 wird der AK Psychologie und Mathematikdidaktik sich voraussichtlich vom 18.
bis 19. Oktober im Schloss Rauischholzhausen einfinden, um vier neue Projekte ausführlich
zu diskutieren. Dabei soll das Forum wieder für fortgeschrittene oder kurz vor dem Abschluss
stehende Arbeiten offen sein. Ihr Interesse an der Tagung können Sie bei einer der beiden
Sprecherinnen Silke Ruwisch (ruwisch@uni.leuphana.de) oder Anke Lindmeier
(lindmeier@ipn.uni-kiel.de) bekunden. Wir weisen zudem darauf hin, dass die Jahrestagung
2013 der International Group for the Psychology of Mathematics Education (IGPME) – das
internationale Vorbild dieses Arbeitskreises – vom 28. Juli bis 2. August in Kiel stattfinden
wird, so dass hier die Gelegenheit besteht, auch auf internationaler Ebene in fachlichen
Austausch zu treten (www.pme2013.de).
Mathematisch argumentieren, im Sinne des Evaluierens, Anpassens und ggf. Beweisens von Aussagen, gehört zu den professionellen Anforderungen an Mathematiklehrkräfte. Studien belegen jedoch, dass angehende und bereits im Beruf stehende Lehrkräfte oft Probleme und Fehlvorstellungen in diesem Bereich haben. In diesem Projekt werden einerseits Effekte von zwei kooperativ eingesetzten Instruktionsmaßnahmen, heuristische Lösungsbeispiele vs. Problemlösen, auf Mathematische Argumentationskompetenz verglichen, wobei speziell Vorkenntnisse der Lerner berücksichtigt werden sollen. Eine erste Studie zum Vergleich der Instruktionsmaßnahmen wurde bereits mit N=119 StudienanfängerInnen eines Lehramts mit Unterrichtsfach Mathematik durchgeführt. Außerdem soll untersucht werden ob die Evaluation einer mathematischen Aussage eine zusätzliche Schwierigkeit für Lerner darstellt. Diese Studie ist in der Vorbereitungsphase.
Um den Aufbau mentaler Repräsentationen von Zahlen zu unterstützen, werden im Anfangsunterricht visuell-räumliche Darstellungen von Mengen und Zahlen verwendet. Theoretische Annahmen, aber kaum empirische Befunde, begründen einerseits die Verwendung strukturierter Mengendarstellungen und die Betonung des exakten Umgangs mit Zahlen, und andererseits einen approximativen Ansatz, bei dem ungefähre Zahlgrößen und relativen Zahlbeziehungen betont werden (etwa am leeren Rechenstrich). Die vorliegende Arbeit versucht unter Einbeziehung psychologischer und neuropsychologischer Ansätze die Eignung der beiden genannten Zugänge theoretisch zu begründen. In einer computerbasierten Interventionsstudie im experimentellen Design wurden die Effekte beider Zugänge an N=204 Schülerinnen und Schülern im ersten Schuljahr untersucht. Die Ergebnisse zeigen positive und spezifische Effekte auf die in der Intervention geförderten Zahlaspekte, und nur schwache Effekte auf allgemeinere arithmetische Kompetenz.
Der flexible Einsatz und Wechsel von Darstellungs- bzw. Repräsentationsformen im Mathematikunterricht ist in den Standards gefordert und findet sich auch vermehrt als Thema mathematikdidaktischer Forschungen. Sehr unterschiedlich sind allerdings die theoretischen Grundlagen einer Unterscheidung der Darstellungsmodi und damit verbunden der Untersuchungsdesigns.
Eine Einteilung der Repräsentationsformen aus der Kognitionspsychologie (Schnotz, Koerber, Felbrich) scheint eine geeignete Grundlage sowohl für eher theoretische Fragestellungen (Was bedeutet der Wechsel zwischen Repräsentationsformen auf einer systematischen Ebene? Was lässt sich jeweils (oder überhaupt) über das Verhältnis dieser externen zu internen Repräsentationsformen aussagen? Usw.) wie eher empirische Fragestellungen (Welche Repräsentationsformen werden (vorrangig) von welchen Teilnehmern des Mathematikunterrichts benutzt? Wie wird ein Wechsel konkret vollzogen?) zu bieten.
Der positive Einfluss des Einsatzes von metakognitiven Aktivitäten auf die Leistung ist breit belegt. Demzufolge scheint es vielversprechend, Schüler an derartige Denkprozesse heranzuführen. Hierzu sind Trainings, Lernumgebungen u. Ä. entwickelt worden. In der Regel kommen sie in jenen Unterrichtsphasen zum Tragen, in denen Aufgaben gelöst werden. Um im Detail aufdecken zu können, welche Mechanismen so im Unterrichtsgespräch in Gang gesetzt werden, sind am Institut für Kognitive Mathematik der Universität Osnabrück Kategoriensysteme entwickelt worden.
Durch die Analyse von Unterrichtsgesprächen mit diesen Kategoriensystemen gelingt es, die unterschiedliche Verteilung im Einsatz metakognitiver Aktivitäten bei Lehrenden und Lernenden in den Gesprächen offenzulegen. Es zeigen sich verschiedene Muster. Ziel des Vortrags ist es, derartige Muster vorzustellen
Diese Einteilung soll daher im Vergleich mit anderen diskutiert (weitere Einteilungen/Kategorisierungen können gerne mitgebracht und mitdiskutiert werden) und anhand eines Beispiels (videographierte Geometriestunde; 4. Klasse) getestet werden.
Bei der Auseinandersetzung von Grundschüler/innen mit mathematischen Aufgaben, werden Ideen und Vorstellungen der Kinder auf vielfältige Weise geäußert. Sie nutzen Lautsprache, Gestik, Darstellungen verschiedenster Art und angebotene Materialien, um sich der mathematischen Frage gemeinsam zu nähern.
Um der Komplexität der Ausdrucksweisen von mathematischen Ideen gerecht zu werden, wird im Vortrag ein Forschungsprojekt vorgestellt, welches das Zusammenspiel von Gestik und Lautsprache in Gesprächen von Zweitklässler/innen bei der Beschäftigung mit einer mathematischen Frage in den Blick nimmt. Dazu werden Zweitklässler/innen Aufgaben aus drei verschiedenen mathematischen Bereichen präsentiert und die so videografierten mathematischen Gespräche transkribiert und qualitativ ausgewertet. An ausgewählten Daten sollen das Untersuchungsdesign sowie erste Erkenntnisse aus der Analyse vorgestellt werden.
Theoretisch gerahmt wird die Studie durch Ansätze aus der Konzept- und Gestenforschung sowie einer semiotischen Perspektive, welche die Zeichentheorie von C. S. Peirce zur Grundlage der Analyse der Zeichenrelation von Gestik und Lautsprache nutzt. Erste Analysen lassen vermuten, dass durch diese Integration einer psychologischen und semiotischen Perspektive mathematische Vorstellungen und Konzepte der untersuchten Kinder in umfassender Weise rekonstruiert werden können. Gestik und Lautsprache in ihrem komplexen Zusammenspiel scheinen dabei genuine Anteile an den Denkweisen der Kinder zu haben.
Studierende arbeiten an vorgegebenen mathematischen Problemen und dokumentieren ihre Lösungsprozesse in einem Forschungstagebuch. Dabei reflektieren sie systematisch ihr Vorgehen und tauschen sich zeitweise auch in moderierten Austauschrunden miteinander aus. Drei Fragestellungen werden im Rahmen des Projekts in den Blick genommen :
In dem Vortrag gehen wir der Frage nach, in welchem Rahmen sich die Kompetenzbereiche Schätzen und Musterzerlegung bereits im Kindergartenalter erfassen und fördern lassen.
Den theoretischen Hintergrund bilden sowohl Befunde und Überlegungen aus dem mathematischen Anfangsunterricht, als auch aus der differenziellen Entwicklungspsychologie, auf deren Basis die zwei Bereiche Schätzkompetenz und Teil-Ganzes-Schema als wichtige Prädiktoren von Schulleistungen im Bereich Mathematik aufgefasst werden.
Diese Kompetenzen haben wir im Rahmen einer Interventionsstudie im Prä- Posttestdesign mit Experimental-, Kontroll- und Wartekontrollgruppe (N=180, Alter 3;10 – 4;2 und 4;10 – 5;2 Jahre) unter Kontrolle kognitiver Funktionen erhoben und systematisch gefördert.
Es werden Ergebnisse und inhaltliche Aussagekraft der Förderstudie diskutiert.
Der Übergang von der Sekundarstufe II in das Studium ist gerade im Bereich der Mathematik mit großen Hürden verbunden. Entsprechend zeigen sich an den Hochschule hohe Abbruchquoten in Studiengängen mit signifikanten Mathematikanteilen.
In diesem Vortrag soll ein Projekt vorgestellt werden, das die Studieneingangsphase insbesondere im Hinblick auf die Qualität des mathematischen Lehrangebots und die Qualität der Nutzung dieses Lehrangebots durch die Studierenden untersucht. Dabei werden Methoden der Unterrichtsforschung für die Hochschullehre und insbesondere das Modell von Unterrichtsqualität von Reusser & Pauli (1999) zugrunde gelegt. Der Fokus wird hierbei auf die Einführung von Begriffen, insbesondere deren mentale Repräsentationen, und der Explizierung von Prozessen beim Beweisen gelegt. Das Projekt befindet sich in der Vorbereitungsphase, die Datenerhebung soll im Wintersemester 2010/11 beginnen.
Auch in diesem Jahr hatten wir das Glück, unsere Tagung bei bestem Herbstwetter durchführen zu können. Die annähernd 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutierten intensiv über aktuelle mathematikdidaktische Themen und über die Forschungsvorhaben von Herrn Juskowiak, Frau Lange, Frau Lindmeier und Herrn Wagner. Diese Diskussionen wurden von den Vortragenden durchweg als bereichernd für den weiteren Forschungsprozess empfunden.
Wir bedanken uns an dieser Stelle nochmals für die interessanten Vorträge.
Probleme lösen zu lernen gilt seit längerem als ein wichtiges und weithin anerkanntes Ziel von Mathematikunterricht. In der einschlägigen Literatur findet man verschiedene Maßnahmen und Methoden aufgeführt, die zur Fortentwicklung der Problemlösefähigkeit beitragen können. Zu ihnen zählt auch Selbstreflexion, also das Nachdenken des Problembearbeiters über sein Getanes.
Dieses Nachdenken kann an verschiedenen Stellen eines Denkablaufs vorkommen. In mathematikdidaktischen Arbeiten und Unternehmungen hat man sich bislang insbesondere mit Selbstreflexion nach dem Vorliegen einer Lösung befasst, man denke z.B. an die Problemlösephase “Rückblick” im Modell von Polya. Weniger beachtet und untersucht sind in diesem Rahmen hingegen Selbstreflexionsphänomene bei noch nicht erreichtem Ziel, also während des Suchens nach einer Lösung. Literaturanalysen machen deutlich, dass unser Wissen in diesem Bereich noch sehr lückenhaft ausfällt.
Wenn es aber gelingt, mehr Details darüber in Erfahrung zu bringen, kann dies einem besseren Verständnis von Problemlösen und Problemlösefähigkeit dienlich sein und möglicherweise Anknüpfungspunkte für eine gezielte didaktische Einflussnahme zur Förderung der Problemlösefähigkeit liefern.
In meinem sich in der Anfangsphase befindlichen Forschungs- und Qualifizierungsvorhaben geht es entsprechend um Anreicherung unseres Wissens über derartige Selbstreflexionsmomente und -vorgänge beim Bearbeiten mathematischer Probleme. Dazu soll mit älteren Lernenden aus dem Sekundarstufenbereich eine qualitativ ausgerichtete empirische Erkundungsstudie durchgeführt werden, mit deren Hilfe solche selbstreflektorischen Aktivitäten identifiziert und hinsichtlich bestimmter Kriterien charakterisiert und bewertet werden sollen. Dafür wurde ein methodisches Vorgehen entwickelt, das bereits in einer Vorstudie mit Lehramtstudierenden seine Erprobung fand.
Im Vortrag wurden ausgehend von Befunden aus der Literatur Ziel und Methodologie meines Forschungs- und Qualifizierungsvorhabens näher erläutert und Befunde aus der Vorstudie vorgestellt.
In der Diskussion während bzw. nach dem Vortrag hat sich gezeigt, dass das Promotionsvorhaben in der geplanten Form durchführbar ist, jedoch bedingt durch die gewählte Untersuchungsmethode erheblichen Auswertungsaufwand mit sich bringen wird. Unabhängig davon wurde der von mir entwickelte Arbeitsbegriff sowie das Kategoriesystem zur Bewertung bzw. Charakterisierung von Selbstreflexionsszenen als guter Ausgangspunkt zur genauen Untersuchung des Phänomens der Selbstreflexion auch hinsichtlich möglicher späterer didaktischer Einflussnahmen bewertet.
Interaktionsstudien, die dem Prozess-Produkt-Paradigma folgen, versuchen zwischen Interaktionsprozessmaßen und Produktmaßen (Gruppenergebnis; Lernzuwachs etc.) Zusammenhänge herzustellen. Inwiefern die untersuchten Prozessmaße geeignete Indikatoren für die Produktmaße darstellen, bleibt jedoch unklar.
Im Rahmen der Promotion wurden in einer ersten explorativen, hypothesengenerierenden Studie zum Interaktionsverhalten Paare verschieden begabter Fünftklässler Hannoveraner Gymnasien beim Lösen unterschiedlicher mathematischer Probleme beobachtet. Hierbei gewonnene Erkenntnisse zum Interaktionsverhalten und zur Untersuchungs- sowie Auswertungsmethodik wurden vor- und zur Diskussion gestellt.
Die sehr anregende Diskussion bestätigte die Relevanz der Forschungsfragen und ermutigte, begründete Hypothesen über das Zustandekommen von Produktmaßen wie dem Paarergebnis bei Problemlöseaufgaben aufzustellen. Auswertungsmethodisch bietet sich zunächst einmal die Rekonstruktion der Interaktions- und Problemlöseprozesse und daraufhin die Charakterisierung “relevanter” Stellen im Prozess an.
Im Vortrag wird ein dreigliedriges fachspezifisches Modell professionellen Wissens und professioneller Kompetenzen von Lehrkräften vorgestellt. Dieses verbindet und erweitert bisher gängige Konzepte fachspezifischer Lehrerkompetenzen. Dabei werden neben fachlichem und fachdidaktischem Basiswissen sowohl reflexions-bezogene als auch aktions-bezogene Komponenten beschrieben.
Zur empirischen Überprüfung des Modells erscheinen herkömmliche Paper&Pencil-Aufgabenformate nur bedingt geeignet. Es werden deswegen videobasierte Formate zur Messung dieser Kompetenzkomponenten vorgestellt. So sollen Kompetenzen zur spontanen Nutzung von Basiswissen in lehrbezogenen Situationen näherungsweise erfassbar werden.
Thema des hier berichteten Promotionsprojekts ist die exemplarische Umsetzung der neuentwickelten Formate in einer explorativen Studie mit Mathematiklehrkräften (und Studierenden) für die Sekundarstufe I. Erste Ergebnisse wurden im Vortrag ebenfalls berichtet.
In der Diskussion wurde deutlich, dass durch das Promotionsvorhaben eine neuartige und interessante Perspektive in die Forschung zur Lehrerkognition eingebracht wird, die eine differenziertere Betrachtung der kognitiven Ressourcen von Lehrkräften ermöglicht. In Folgeprojekten könnten z.B. die komplexen Zusammenhänge zwischen Erfahrung von Lehrkräften und aktions-bezogenen sowie reflektiven Kompetenzen untersucht werden. Studien auf breiterer Basis als die vorgestellte Machbarkeitsstudie sind ebenfalls wünschenswert.
Übergänge im Bildungssystem stellen markante Bruchstellen im Leben eines Lernenden dar. Dabei nimmt die Aufnahme eines Hochschulstudiums nach der Schulzeit nicht zuletzt aufgrund gravierender Veränderungen des sozialen Umfeldes und der Lernkultur eine Sonderstellung ein. Insbesondere bei Studiengängen mit hohen Mathematikanteilen treten dazu noch häufig große Schwierigkeiten in den mathematischen Kompetenzanforderungen auf, was sich nicht zuletzt in hohen Studienabbruchquoten zeigt. Die wenigen empirischen Studien zu Ursachen für einen Studienabbruch beziehen sich aber weitgehend auf allgemeine Personenmerkmale wie etwa Motivation und Selbstregulation und sind nicht nach Studiengängen differenziert.
Studien zur mathematischen Kompetenz von Studierenden in den ersten Semestern existieren nur für einzelne Teilbereiche der höheren Mathematik. Zur besseren Beschreibung dieser Kompetenz soll dabei die Entwicklung eines Kompetenzstrukturmodells dienen, welches auf der Analyse verschiedener Theorien zum “Advanced Mathematical Thinking” basiert und die gemeinsamen Inhalte der Oberstufe und des ersten Studiensemesters (v.a. im Bereich der Analysis) umfasst.
Zusammen mit dem theoretischen Hintergrund werden im Vortrag Überlegungen zu einem solchen Kompetenzmodell vorgestellt. Darüber hinaus wurde ein Ausblick für dessen Rolle als Grundlage zur Analyse von wesentlichen Unterschieden in den Kompetenzanforderungen beim Mathematiklernen in der Schule und der Hochschule erläutert.
Zunächst stellte die Diskussionsrunde am Ende des Vortrags die Aktualität und Bedeutung des Forschungsfeldes, in welchem sich das Promotionsvorhaben bewegt, positiv heraus. Des Weiteren wurden diverse neue Perspektiven hinsichtlich der Struktur des angestrebten Kompetenzmodells aufgezeigt. Vorrangig ging es dabei um die Frage, wie die im Vortrag dargestellten Unterschiede in den Kompetenzanforderungen zwischen Sekundarstufe II und erstem Studiensemester im Fach Mathematik in die Kompetenzstruktur einzuordnen sind. Dabei wurde deutlich, dass Ursachen für Schwierigkeiten von Studienanfängerinnen und Studienanfängern nicht nur hinsichtlich der individuellen Kompetenz, sondern auch durch die veränderten Bedingungen des Lehrens und Lernens an Hochschulen gegeben sind. Somit sind im Anschluss an dieses Projekt Studien wünschenswert, die diesen Aspekt berücksichtigen.
Aufgrund der Rückmeldungen der Vortragenden wird wieder einmal deutlich, wie wichtig der kompetente “Blick von außen” für ein Forschungsvorhaben ist. Daher sind wir froh, auch im Jahr 2010 (vom 08.10. bis zum 09.10.) einen Raum für die Präsentation von neuen interessanten Forschungsprojekten bieten zu können.
-Roland Rink-
Die Bemühungen um eine Neustrukturierung des Schulanfangs in vielen Bundesländern und die damit einhergehende bildungspolitische Favorisierung jahrgangsgemischter Klassen hat die Schulen vor große Herausforderungen gestellt.
Die Materialien und methodischen Vorschläge zur Umrüstung des (Mathematik-) Unterrichts, die in den letzten Jahren teilweise in hektischer Betriebsamkeit aus dem Hut gezaubert wurden, führen nicht selten zu einem Rückfall in überwunden geglaubte Formen des reproduktiven Lernens. Nach Ansicht vieler Mathematikdidaktiker gilt es daher in Ruhe auszuloten, welche Chancen ein jahrgangsübergreifender Mathematikunterricht enthält, der auf die Berücksichtigung aktiv-entdeckender Elemente im individuellen Lernprozess genauso wenig verzichtet wie auf die Überzeugung, dass Schüler von- und miteinander lernen können.
In meiner qualitativ angelegten Untersuchung mit explorativem, hypothesengenerierenden Charakter soll die Mikroebene jahrgangsgemischten Mathematikunterrichts in den Blick genommen werden. Mit Hilfe videobasierter Forschung rückt dabei das Geschehen in Partnerarbeitsphasen, in denen jeweils ein Erst- und ein Zweitklässler zusammenarbeiten, in den Fokus der Analyse. Die stattfindenden Interaktionsmuster während des mathematischen Problemlöseprozesses sind von besonderem Interesse.
Es wird über eine längsschnittlich angelegte Studie in den Jahrgangsstufen 7 bis 9 berichtet, die die Entwicklung geometrischer Beweiskompetenz untersucht und, im letzten Messzeitpunkt mit explorativem Charakter, auch individuelle Bedingungsfaktoren geometrischer Beweiskompetenz fokussiert.
Die Ergebnisse der Studie deuten auf verschiedene Art auf einen großen Einfluss geometrischen Basiswissens für geometrische Beweiskompetenz hin. Der Vortrag stellt diese Ergebnisse dar und diskutiert aus kognitiver Perspektive theoretische Erklärungen für den statistischen Zusammenhang.
Insbesondere die Entwicklung geometrischer Beweiskompetenz, wie sie in der Studie untersucht wurde, wird vor diesem theoretischen Hintergrund betrachtet.
Im Vortrag wird ein Promotionsprojekt zur Evaluation von Lehrerfortbildungen zum Fördern von Problemlösefähigkeiten in Verbindung mit Selbstregulation vorgestellt. Ziel der Lehrerfortbildungen war die Implementation eines materialgestützten Unterrichtskonzepts zum Ausbilden von Problemlösenkompetenzen in Verbindung mit Selbstregulation im Mathematikunterricht der Sekundarstufe I.
Im Vortrag wird ein Überblick über das einjährige Projekt gegeben, das im Rahmen des von der DFG geförderten Schwerpunktprogramms BIQUA durchgeführt wurde. Gegenstand der Begleitstudie sind Effekte der Lehrerfortbildungen bei den beteiligten Lehrkräften und den Schülern untersucht wurden. Ausgewählte Ergebnisse der längsschnittlichen und prozessualen Evaluation werden im Vortrag berichtet.
Bei dieser Untersuchung handelt es sich um ein Dissertationsprojekt bei Prof. Dr. Renate Rasch im Rahmen der interdisziplinären Studie VERA – Guter Unterricht unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas Helmke an der Universität Koblenz-Landau.
Im Fokus meiner Untersuchungen steht v.a. die Arbeit mit Text- und Sachaufgaben. Mein Ziel ist es Komponenten des Lösungsprozesses und deren gegenseitige Beeinflussung zu ermitteln. Dazu untersuche ich gestützt auf das Angebot-Nutzungs-Modell nach Helmke das von der Lehrkraft ausgewählte und präsentierte Unterrichtsangebot, d.h. die eingesetzten Text- und Sachaufgaben und die unterrichtliche Umsetzung, die Nutzung des Unterrichtsangebots in Form von Unterrichtsepisoden, die die gerade vorherrschende didaktisch Funktion ausdrücken, die Wirkung von Unterricht durch die Erfassung von Lernzuwachs mit Vergleichsarbeiten, angelehnt an die Bildungsstandards.
Ich möchte im Rahmen des Vortrags nun erste Ergebnisse präsentieren. Grundlage meiner Analyse sind 42 Unterrichtsaufnahmen, die jeweils eine Unterrichtsstunde einer rheinland-pfälzischen 4. Klasse zum Thema Text- und Sachaufgaben beinhalten.