Tagung 2013

André Krug

Bearbeitung von Modellierungsaufgaben mit multiplen Lösungen

Bei der Untersuchung handelt es sich um ein Dissertationsprojekt bei Jun-Prof. Dr. Stanislaw Schukajlow im Rahmen des DFG Projekts "Multiple Lösungen in einem selbständigkeitsorientieren Mathematikunterricht". Bisher sind multiple Lösungen in der Mathematikdidaktik wenig untersucht worden. Theoretisch wird durch deren Behandlung u.a. eine vertiefte Einsicht in die Struktur des Lerngegenstandes angenommen, welches zu besseren Leistungen führen sollte (Aebli, Spiro et al. u.a.). Empirisch gibt es hierzu vereinzelte Studien (Große, Renkl und Rittle-Johnson, & Star), die zeigen wie multiple Lösungen im Unterricht behandelt werden sollten und welche Rolle das Vorwissen von Lernenden für ihre Leistungsentwicklung spielt.
Im Fokus meiner Untersuchung steht die Bearbeitung von Modellierungsaufgaben, bei denen Schüler aufgefordert sind, zwei Lösungen durch Annahmen über fehlenden Angaben, zu entwickeln. Ziel ist es, u.a. Schwierigkeiten des Lösungsprozesses zu ermitteln. Dazu wurden sechs Schülerpaare während einer Laboruntersuchung bei der Bearbeitung von drei Modellierungsaufgaben beobachtet und anschließend interviewt.

Imke Knievel

Erfassung der professionellen Kompetenzen von Grundschullehrkräften mit videobasierten Items

Die Beschreibung und Erfassung der professionellen Kompetenzen von Lehrkräften stellt immer noch eine Herausforderung der empirischen Unterrichtsforschung dar. Reine Papier-Bleistift-Tests können nur eingeschränkt die kontext-spezifischen Anforderungen des Unterrichtens abbilden und somit nur einen Teil der professionellen Kompetenzen erfolgreich messen. In diesem Projekt wird ein dreigliedriges Kompetenzmodell zugrunde gelegt, das über die (1) Wissenskomponente hinaus (2) reflektive und (3) aktionsbezogene Kompetenzen umfasst. Ziel ist es, ausgehend von diesem Modell ein reliables und valides Instrument zur Erfassung der professionellen Kompetenzen von Grundschullehrkräften im Mathematikunterricht zu entwickeln. Interessant ist insbesondere inwieweit sich insbesondere die aktionsbezogenen Kompetenzen reliabel erheben lassen und welche Zusammenhänge zwischen den drei Kompetenzkomponenten bestehen. Die aktionsbezogenen Kompetenzen werden erfasst indem die Lehrkräfte dazu aufgefordert werden direkt und unter Zeitdruck auf videographierte Unterrichtsszenen mündlich zu reagieren. Es wurden die Daten von N = 85 Lehrkräften erhoben sowie die einer Kontraststichprobe von N = 35 Studierende des Grundschullehramts zur Prüfung der Konstruktvalidität. In dem Vortrag werden erste Ergebnisse vorgestellt.

Dr. Esther Brunner

Beweistyp - Präferenz der Lehrperson oder Ausdruck adaptiver Unterrichtsplanung?

Im Rahmen einer Dissertation (Brunner, 2012, 2013), die im Kontext des Projekts "Didaktische Kommunikation und Bildungswirkungen im problemorientierten Mathematikunterricht" steht und auf den binationalen Datensatz der Studie "Unterrichtsqualität, Lernverhalten und mathematisches Verständnis" (Klieme, Pauli, & Reusser, 2009) - auch bekannt als "Pythagoras-Studie" - zurückgreift, wurde unter anderem in 32 Klassen des 8./9. Schuljahrs untersucht, welche Beweistypen bei der Bearbeitung der gleichen innermathematischen Aufgabenstellung realisiert wurden. Untersucht wurde weiter, ob es Zusammenhänge zwischen dem in den Klassen bearbeiteten Beweistyp und dem Schultyp sowie Merkmalen der Lehrpersonen gibt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der durchgeführte Beweistyp eher als eine persönliche Präferenz der Lehrperson interpretiert werden kann und weniger einer adaptiven Unterrichtsplanung bezogen auf die Anforderungen des Schultyps folgt.
Des Weiteren wurde in einem explorativen Vorgehen geprüft, inwiefern sich Zusammenhänge zwischen verschiedenen Beweistypen einerseits und der Klassenleistung andererseits beschreiben lassen. Dazu wurde die videografierte Bearbeitung der Beweisaufgabe mit den Leistungsdaten der Schülerinnen und Schüler in Beziehung gebracht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass je nach durchgeführtem Beweistyp die Eingangsvoraussetzungen der Klassen unterschiedlich ausfallen und auch Leistungsentwicklung der Lernenden unterschiedlich ausfällt.
Im Vortrag wird ein Einblick in die umfangreiche Studie anhand der für die Präsentation ausgewählten Fragestellungen gegeben. Im Rahmen der Dissertation wurde ein kognitions-psychologisch geprägtes Prozessmodell des Beweisens und Argumentierens entwickelt, das im Rahmen des Vortrags ebenfalls kurz präsentiert und zur Diskussion gestellt wird.

Literatur

Brunner, E. (2012). Innermathematisches Beweisen und Argumentieren auf der Sekundarstufe I. Unveröffentliche Dissertation. Zürich: Universität.
Brunner, E. (2013). Innermathematisches Beweisen und Argumentieren in der Sekundarstufe I. Münster: Waxmann.
Klieme, E., Pauli, C., & Reusser, K. (2009). The Pythagoras Study. In T. Janik & T. Seidel (Hrsg.), The power of video studies in investigating teaching and learning in the classroom (S. 137-160). Münster: Waxmann.

Andreas Ostermann

Fachliche Kompetenzen und Schwierigkeitseinschätzungen als Facette diagnostischer Kompetenz

Adaptives Unterrichten setzt bei Lehrkräften die Fähigkeit zur Einschätzung von Lernvoraussetzungen als eine wesentliche Facette fachbezogener pädagogischer Kompetenz (PCK) voraus. Studien belegen jedoch erhebliche Fehleinschätzungen bei der Beurteilung von Aufgabenschwierigkeiten, im Einklang mit der Theorie des Expert-Blind-Spots. Daher soll untersucht werden, von welchen Kompetenzfacetten die Fähigkeit der adäquaten Schwierigkeitseinschätzung abhängt und wie sie verbessert werden kann.
In einer ersten empirischen Studie wurden Aufgaben zu Funktionen in graphischer und  tabellarisch-numerischer Darstellung untersucht. Im Vergleich der empirischen Lösungshäufigkeiten (N=230) mit den Einschätzungen von Studierenden, Referendaren und Lehrkräfte (N=101) zeigte sich, dass zwischen den Gruppen die Verschätzungen mit zunehmender Praxiserfahrung abnahmen. Höheres schulbezogenes Fachwissen scheint die Verschätzungstendenzen zu verringern. Die Unterschätzung bei graphischen im Vergleich zu numerisch-tabellarischen Aufgaben war in allen Gruppen signifikant größer. Dies lässt eine stärkere "Komprimierung" des Expertenwissens bei graphischen Items vermuten.
&Die geplante Intervention überprüft die Verbesserung der Schwierigkeitsschätzung einerseits durch die Vermittlung von aufgabenbezogenem fachdidaktischen Wissen über schwierigkeitsgenerierende Merkmale und andererseits Dekomprimierung von Aufgaben. Zusätzlich wird die Wirkung einer Manipulation des Entscheidungsmodus (intuitiv vs. deliberat) auf die Einschätzungsleistung untersucht.